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Nach den Neuwahlen stand aber die Mehrheit der Abgeordneten
gegen die Durchführung der Reformpläne, und schließlich strich die
Kammer alle Ausgaben für die Verstärkung des Heeres. In dieser
ernsten Lage trat ein neuer Mann auf den Plan.
§ 110* Bismarck. Otto von Bismarck war geboren am 1. April
1815 auf dem Gute Schönhausen in der Altmark; seine Mutter
stammte aus einer Leipziger Gelehrtenfamilie Menden. Er studierte
die Rechte in Göttingen und Berlin und verübte manchen tollen
Studentenstreich. Das Beamtenleben im Gerichts- und Verwal-
tungsdienste gefiel ihm nicht; „ich will selbst Musik machen",
schrieb er an seinen Vater. So ging er auf den Gutsbesitz seiner
Familie in Pommern und bezog nach des Vaters Tode das Stamm-
gut Schönhausen. Hier vermählte er sich mit der Tochter eines
pommerschen Landedelmannes von Puttkamer.
Als Politiker trat Bismarck zuerst in dem Vereinigten Landtage
von 1847 auf; geschickt und unerschrocken sprach er für die Rechte des
Königtums. Friedrich Wilhelm IV. machte ihn zum Gesandten am
Bundestage in Frankfurt. Hier vertrat er voll Festigkeit die Gleich-
berechtigung Preußens mit dem feindseligen Österreich. Er ließ sich
nichts gefallen. Als der hohe Präsidialgesandte sich in einer Sitzung
herausnahm zu rauchen, zündete sich Bismarck zum Entsetzen der
Anwesenden in aller Ruhe ebenfalls eine Zigarre an. „Haben Sie",
fragte ihn auf der Reise spöttisch ein österreichischer General, „schon
vor dem Feinde gestanden?" „Jawohl," war die schlagfertige Ant-
wort, „in Frankfurt am Main!"
Einige Jahre später wurde Bismarck Gesandter in St. Peters-
1 QA9 bürg, dann für kurze Zeit in Paris. Von dort rief ihn der
löU^ bedrängte König, der bereits an Abdankung dachte, auf den
Rat des Kriegsministers zu sich. „Wollen Sie mir helfen?" fragte
der Monarch. „Ja, Majestät!" sagte Bismarck einfach. Und er half
ihm. Da das Abgeordnetenhaus in seinem Gegensatze zur Regierung
soweit ging, ihr überhaupt alle nötigen Staatsgelder zu verweigern,
so erklärte der neue Ministerpräsident, daß „die Regierungsmaschine
nicht still stehen könne"; er werde deshalb die Steuern auch ohne
die verfassungsmäßige Zustimmung der Volksvertretung verwenden.
So geschah es, und die Heeresreform wurde trotz des heftigsten
Widerspruches im Landtage zu Ende geführt. Der „Konflikt", d. h.
Streit, mit dem Abgeordnetenhause endete erst, als man an dem glän-
zenden Ausgange des Krieges von 1866 die Notwendigkeit der
Reform erkannte.
Zunächst aber sollte die Schärfe des preußischen Schwertes sich
anderswo erproben.