Full text: [Untertertia] (Untertertia)

junger Helden, die schon vor der Mutter in Dietrichs von Bern Be- 
gleitung in der furchtbaren Schlacht bei Ravenna* gefallen sind. Etzel 
will sich aufs neue vermählen: Siegfrieds Witwe, Kriemhild von Bur- 
gundenland, wird ihm vorgeschlagen. Nach einigen Zweifeln, ob er 
5 wohl tue, eine Christin zu ehelichen, beschließt er die Werbung auf den 
Rat seines getreuesten Dieners, des Markgrafen Rüdiger von Bechlaren*. 
1. 
Dieser übernimmt es selbst, die Werbung am Hofe der Burgunden 
anzubringen, und zieht von der Etzelburg westwärts nach Bechlaren in 
Ostreich, seiner Heimat, wo er von der treuen Gattin Gotelinde und 
io der blühenden Tochter freudig empfangen wird. Als er seiner Gemahlin 
den Zweck seines Kommens und Weiterziehens erzählt, wird diese, wenn 
auch der Ankunft und der ehrenvollen Botschaft ihres Gatten froh, 
doch wehmütig von dem Andenken an die liebe gestorbene, freundliche Herrin 
Helche, an deren Stelle eine andere treten soll. — Rüdiger zieht weiter und 
15 langt zu Worms an, unbekannt den Königen und ihrem Gefolge; nur 
Hagen ruft überrascht: „Ich habe gar lange Rüdigern nicht gesehen; 
aber die Haltung dieser Boten ist so, daß ich nur glauben kann, 
Rüdiger ans dem Heunenlande müsse es selbst sein, der kühne und 
hehre Degen." Wie sollte, fragt der König verwundert, der Held von 
20 Bechlaren hieher an den Rhein kommen? Aber in dem Augenblicke hat 
Hagen den alten Freund erkannt, mit dem er einst in seiner Jugend 
an Etzels Hofe zusammen gewesen ist, und es folgt große Freude des 
Wiedersehens, gastlicher Empfang und von Rüdigers Seite stattliche 
Werbung. 
25 Der König mit seinen Brüdern ist nicht abgeneigt, auf dieselbe 
einzugehen; nur Hagen widerrät es: „Ihr kennt Etzeln nicht; kenntet 
ihr ihn, wie ich, ihr würdet die Werbung abschlagen, wenn auch Kriem¬ 
hild sie annähme; es kann euch zu großen Sorgen gedeihen."-„Freund 
Hagen," entgegnet Günther, „jetzt kannst du noch Treue beweisen: 
30 mache durch deine gütliche Zustimmung zu Kriemhilds jetzigem Glück 
das Leid wieder gut, das du ihr getan hast." Aber Hagen bleibt 
unbeweglich: „Trägt Kriemhild Helches Krone, so werdet ihr sehen, 
daß sie uns allen viel Leid tut, so viel sie kann. Helden ziemt es, 
das Leid zu vermeiden." So breiten sich die schwarzen Fittiche der 
35 Ahnung eines neuen, schrecklichen Unheils, welches aus dem ersten Unheil 
sich entwickelt, abermals aus über unser Lied, und dieses dunkle Ge¬ 
fühl, dieses Grauen wird uns nicht eher verlassen, als bis es im Ent¬ 
setzen vollendet ist. Aber in die Herzen der Burgundenkönige gelangt
	        
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