Full text: Für Tertia (Teil 4, [Schülerband])

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feuert man lustig fort aus Flinten gegen die Mauern, von welchen die 
Kugeln abprallen. Endlich erwidert der Gouverneur das Feuer, und 
einige aus der Menge fallen. Schon aber kommen Kanonen herbei, es 
bilden sich zwei Sturmhaufen. Dreihundert Mann von der aufrühre¬ 
rischen Garde tun sich zusammen, ein gewisser Elie, früher Sergeant in 
einem andern Negimente, führt sie an; der zweite Haufe besteht aus 
Handwerkern unter der Führung Hulin's, eines Genfer Uhrmacher- 
gesellen. So kam Ordnung in den Angriff, der mit wunderbarer Kühnheit 
geschieht. Ein glücklicher Schuß sprengt die Ketten der ersten Zugbrücke; 
fie fällt. Die Stürmer kamen in den ersten Hof, stellten hier ihre 
Kanonen auf. Ihre Zahl war sehr geschmolzen; sie hatten mehr als 80 
Mann an Toten, eben so viele an Verwundeten verloren, aber nichts 
von ihrem Mute. Launay war ein Befehlshaber ohne Entschlossenheit, 
aber ein Soldat von Ehre. Als er das Gelingen des Sturmes sah, 
wollte er sich mit der Festung in die Luft sprengen; einer seiner Unter¬ 
offiziere hielt ihn mit Gewalt zurück. Man steckte die weiße Fahne auf 
als Zeichen der Kapitulation, und Launay schrieb die Worte: „Wir 
haben 20 Zentner Pulver, wir sprengen das Schloß in die Luft, nehmt 
ihr die Kapitulation nicht an." Man steckt das Papier durch eine 
Öffnung der zweiten, noch aufgezogenen Zugbrücke, mit Hülfe einer 
übergelegten Diele nimmt es einer der Stürmer in Empfang. Elie 
verbürgt die Sicherheit der Besatzung. Noch aber verhandelte man um 
einen Abzug mit kriegerischen Ehren, um die Bestätigung der Kapitu¬ 
lation auf dem Stadthause, als die angstvollen Invaliden die Zugbrücke 
fallen ließen. Da erhub sich das Jubelgeschrci des Volks: „Die Bastille 
ergibt sich." Elie und Hulin boten alles auf, um Launay und seine 
Besatzung zu schützen; der Zug zum Stadthause ward angetreten. Als 
inan aus den Greveplatz kam, wurden Launay und sein Major von 
einer andringenden Horde ihren heldenmütigen Verteidigern entrissen. 
Nicht lange, so sah man ihre zerfleischten Körper und Launay's Haupt 
auf einer Pike. Ein paar Kanoniere wurden an einem Laternenpfahl 
aufgeknüpft. Die Eroberer behielten die Bastille im Besitz; die wenigen 
Gefangenen, nur sieben, darunter einige Wahnsinnige, wurden befreit. 
Nach ein paar Tagen ward unter Trompetenschall durch ganz Paris ver¬ 
kündigt, die Schleifung der Bastille sei auf dem Stadthause beschlossen. 
Nach Dahlmann.
	        
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