Full text: [Teil 5 = Klasse 2 und 1, [Schülerband]] (Teil 5 = Klasse 2 und 1, [Schülerband])

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Grün, Der letzte Dichter. — Freiligrath. 
5. Solang nach Ungewittern 
Ein Regenbogen sprüht, 
Ein Busen noch dem Frieden 
Und der Versöhnung glüht; 
6. Solang die Nacht den Äther 
Mit Sternensaat besät, 
Und noch ein Mensch die Züge 
Der goldnen Schrift versteht; 
7. Solang der Mond noch leuchtet, 
Ein Herz noch sehnt und fühlt; 
Solang der Wald noch rauschet 
Und einen Müden kühlt; 
8. Solang noch Lenze grünen 
Und Rosenlauben blühn; 
Solang noch Wangen lächeln 
Und Augen Freude sprühn; 
9. Solang noch Gräber trauern 
Mit den Zypressen dran; 
Solang ein Aug' noch weinen, 
Ein Herz noch brechen kann: 
10. So lange wallt auf Erden 
Die Göttin Poesie, 
Und mit ihr wandelt jubelnd, 
Wem sie die Weihe lieh. 
11. Und singend einst und jubelnd 
Durchs alte Erdenhaus 
Zieht als der letzte Dichter 
Der letzte Mensch hinaus. — 
12. Noch hält der Herr in Händen 
Die Schöpfung, ungeknickt 
Wie eine frische Blume, 
Auf die er lächelnd blickt. 
13. Wenn diese Riesenblume 
Dereinstens abgeblüht 
Und Erden, Sonnenbälle 
Als Blütenstaub versprüht: 
14. Erst dann fragt, wenn zu fragen 
Die Lust euch noch nicht mied, 
Ob endlich ausgesungen 
Das alte, ew'ge Lied! 
Ferdinand Freiligrath. 
(1810—1876) 
154. Hurra, Germania. 
(25. Juli 1870.) 
1. Hurra, du stolzes, schönes Weib, 
Hurra, Germania! 
Wie kühn mit vorgebeugtem Leib 
Am Rheine stehst du da! 
Im vollen Brand der Juliglut, 
Wie ziehst du-^risch dein Schwert! 
Wie trittst du zornig frohgemut 
Zum Schutz vor deinen Herd! 
Hurra, hurra, hurra! 
Hurra, Germania!
	        
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