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Bei des Prinzen Verhöre fuhr der König, der seiner nicht
mächtig war, wild auf, zog den Degen und wollte seinen Sohn
durchstechen. Da trat aber der General von Mosel vor, faßte
des Königs Arm und rief:
„Wenn Eure Majestät Blut verlangen, so nehmen Sie meines,
aber schonen Sie Ihres Sohnes!" Dieß brachte den König eini¬
germaßen zur Besinnung und er stand von seinem Vorhaben ab.
Nach Berlin aber, wo die Königin und Wilhelmine von Tag zu
Tag mit Zittern und Zagen der Dinge geharrt hatten, welche un¬
ausbleiblich schienen, schrieb der König:
„Ich habe den Schurken, den Fritz, verhaften lasten, und
werde ihn behandeln, wie es sein Verbrechen und seine Nieder¬
trächtigkeit verdienen. Ich erkenne ihn nicht mehr als meinen Sohn,
er hat mich und mein ganzes Haus entehrt. Ein solcher Elender
verdient nicht mehr zu leben."
Am 27. Aug. erschien der König selbst in Berlin. Immer
noch argwöhnte er, von den Seinigen verrathen zu sein, meinend,
dos „englische Geschmeiß" an seinem Hofe stecke dahinter.
„Euer unwürdiger Sohn ist nicht mehr, er ist todt!" schrie
er seiner Gemahlin zu, und als er die Prinzessin Wilhelmine ge¬
wahrt, welche er für eine Mitverschworne hält; so mißhandelt er
sie thätlich. Ohnmächtig wird sie seinen Händen entristen. Die
Königin liegt mit ihren jüngern Kindern vor ihm auf den Knien,
ruft die Gerechtigkeit des Himmels an, ruft nach Erbarmung.
Der Kinder jammervolles Weinen mischt sich in diese schreckliche
Scene, dergestalt, daß wohl Schlimmeres im Königshause der
Hoheuzollern nicht erhört worden ist. — Endlich ruft der König:
„Der Verräther lebt noch, aber er muß sterben!" So
eilt er weg. Die Frau von Kamecke folgt ihm und wagt es mit
fester Stimme also zu ihm zu sprechen: „Sire, Sie haben sich
bis jetzt Etwas darauf zu Gute gethan, ein gerechter und gottes-
fürchtiger Mann sein zu wollen, und Gott hat Sie mit Wohltha-
ten überhäuft, aber hüten Sie sich, von Gottes heiligen Geboten
abzugehen. Gehen Sie in sich, Majestät; Ihr erster Zorn ist
verzeihlich, aber er wird zum Verbrechen, wenn Sie ihn nicht
zu überwinden suchen!"
Friedrich Wilhelm blickt die edle Frau erstaunt an; dann