178
nicht Parzival, sondern Gawein, sein Genosse an Artus' Hofe,
der nach manchen ritterlichen Taten als weltlicher Ritter gleichfalls,
wie einst Parzival, auszieht, um den Gral zu suchen.
Nach vier Jahren finden wir Parzival wieder, wie er am
Karfreitag, dessen Heiligkeit er durch Waffentragen verunehrt
— denn schon lange hat er nach Gott nicht gefragt —, durch
einen Ritter im grauen Gewände zum erstenmal wieder auf das
höhere Ziel seines Lebens hingewiesen, zum erstenmal wieder an
die Treue Gottes, seiner Untreue und seinem Zweifel gegenüber
gemahnt wird. Diese Schilderung mag leicht zu dem Einfachsten,
aber auch zu dem Treffendsten und Besten gehören, was nicht
allein Wolframs Gedicht enthält, sondern was jemals in dieser
Weise gedichtet worden ist. Nachher gelangt Parzival, geleitet
von dem Ritter im grauen Gewände, zu einem Einsiedler, in
welchem er seinen Oheim Trevrizent findet. Dieser belehrt ihn,
daß Hochmut und Zweifel niemals den Gral gewinnen können;
er selbst habe, wenn schon aus dem Königsgeschlecht des Grals
entsprossen, weil er sich selbst als unwürdig erkennen müssen, der
Würde eines Pflegers des Grals entsagt; sein Bruder Anfortas,
der König im Gral, habe auch einst das Feldgeschrei ,,Amur" vor
sich hergetragen, und der Ruf weltlicher Liebe „sei zur Demut
nicht völlig gut"; darum habe er im Streit unterliegen müssen,
sei mit einem vergifteten Speer (eben dem, der einst in der Gral-
burg durch den Saal getragen worden) verwundet worden und
schleppe nun ein sieches Leben kümmerlich hin, das er doch nicht
enden könne und dürfe; vielmehr schöpfe er täglich neue Kraft,
zu leben und Schmerzen zu ertragen, aus dem Anschauen des
Grals, bis dereinst, wie man aus einer Inschrift am Gral wisse,
ein Ritter kommen werde, der nach dem Leiden des Königs und
nach dem Gral fragen und sich durch diese Frage als den be¬
zeichnen werde, dem Anfortas das Königtum im Gral übergeben
könne. Das aber fei nun eben er, Parzival, welcher seinem Oheim
seine Herkunft und Geschichte bereits erzählt hatte.
Abermals tritt uns die weltliche Ritterschaft in Eaweins Hel¬
dentaten entgegen, der berufen ist, einen Zauber auf dem Schlosse
Chateau merveil zu lösen, den der vielberufene Zauberer Klings¬
ohr über die von ihm zusammengeraubten Bewohner dieses Schlosses
gelegt hat; Klingsohr, derselbe, den die spätere Sage als historische