Full text: [Teil 5 = Achtes und neuntes Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 5 = Achtes und neuntes Schuljahr, [Schülerband])

XIV. pie Königin Luise. 
1. Jugendzeit Unter der Faust Napoleons lag Preußen vollständig 
am Boden. Daß der König inmitten des Unglücks nicht ganz verzagte, dankte 
er besonders seiner treuen Gemahlin Luise. Luise wurde am 1 0. M ä r z 
17 7 6 als Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz geboren. Ihre Mutter 
war eine Prinzessin von Hessen-Darmstadt, und schon als Kind von sechs 
Jahren verlor Luise dieselbe durch den Tod. In Darmstadt verlebte 
sie ihre Jugendjahre unter der treuen Fürsorge ihrer Großmutter. Von 
Jugend auf fühlte sie in sich den schönen Beruf, andern wohlzutun; 
oft besuchte sie an der Hand ihrer Erzieherin die Hütten der Armut, 
um Notleidenden Trost und Hilfe zu bringen. 
2. Vermählung und Familienleben. Am Abend vor Weih- 
nachten des Jahres 1793 reichte Luise im Schlosse zu Berlin 
dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm ihre Hand zum Bunde fürs 
Leben, und bald war sie wegen ihres einfachen Wesens und wegen 
ihrer Herzensgüte der Liebling aller. An ihrem ersten Geburtstage 
in Berlin wurde sie vom König reich beschenkt. Ans die Frage, ob 
sie noch einen Wunsch habe, sagte Luise: „Eine Hand voll Gold 
für meine Armen!" Der König fragte weiter, wie groß sie sich 
die Hand voll Gold denke. Luise antwortete: „So groß als das 
Herz des gütigsten der Könige". Ihr Wunsch ging in Erfüllung, 
und beglückt sandten zahlreiche Arme heiße Dankestränen zum Himmel. 
Die Ehe des hohen Paares war ein leuchtendes Vor- 
bild echt deutschen Familienlebens. Nicht im Glänze des 
Hoflebens suchten sie ihr Glück; in gegenseitiger Liebe und Treue 
verbunden, fühlten sie sich nur zu Hause recht glücklich. Dieses schöne 
Beispiel wirkte äußerst wohltätig auf das gesamte Volk. — Am liebsten 
weilten sie auf ihrem Gute Paretz bei Potsdam. Die dort ber- 
lebten Tage nannte der König die glücklichsten seines Lebens. 
Als Friedrich Wilhelm III. den Königsthron bestieg, schrieb Luise au 
ihre Großmutter: „Ich bin jetzt Königin, und was mich am meisten 
freut, ist die Hoffnung, daß ich nun meine Wohltaten nicht so ängstlich 
zu zählen brauche". Kein Tag ging jetzt vorüber ohne Beweise ihrer 
Wohltätigkeit und Menschenfreundlichkeit. Ihr häusliches Leben blieb 
auch auf dem Throne einfach und vorbildlich. Der Besitz blühender 
Kinder vermehrte ihr Glück, und auf die Erziehung dieser ihrer 
höchsten Schätze verwandte sie die größte Sorgfalt. 
3. Die Flucht. Aber als auf den Schlachtfeldern von Jena 
und Auerstädt Preußens Macht jäh zusammenbrach, da mußte Luise 
erfahren, daß auch eine Königskrone zur Dornenkrone werden 
kann. Mit den noch in zartem Alter stehenden Kindern floh sie 
nach dem fernen Königsberg, später in Sturm und Schneegestöber 
nach Memel, der äußersten Stadt des Landes. In diesen Tagen
	        
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