319
In Rudolstadt hatte Frau von Lengefeld mit ihren beiden
Töchtern Karoline und Charlotte sich niedergelassen. Schiller hatte die
Familie in Weimar kennen gelernt und wurde nun ihr täglicher Gast. Hier
begegnete er Goethe zum zweitenmale (am 8. September 1788), ohne daß
eine Annäherung der beiden Männer herbeigeführt wurde. Aber in einem
unmittelbaren Zusammenhange mit dieser Begegnung stand die Berufung
Schillers nach Jena als Professor der Geschichte. Im Frühling 1789
trat er sein neues Amt an und begann am 26. Mai seine Vorlesungen
unter ungeheurem Beifall. Nun gelang es ihm auch seinen häuslichen
Herd zu gründen; nach Beseitigung von mancherlei Schwierigkeiten führte
er Charlotte vonLengefeld als seine Gemahlin heim (22. Februar
1790); sie schuf ihm ein reines Eheglück und schenkte ihm zwei Söhne und
zwei Töchter. Aber schwere Prüfungen stellten sich bald ein; schon zu Beginn
des Jahres 1791 wurde Schiller von heftiger Krankheit befallen; seine
Brust war so leidend, daß er nicht nur seine Vorlesungen einstellen, sondern
jede litterarische Thätigkeit unterlassen mußte. Da er auf die Erträgnisse
seiner Feder angewiesen war, und seine Pflege große Geldausgaben ver¬
ursachte, geriet er bald in finanzielle Bedrängnis; der Herzog vermochte
nicht zu helfen; da kam vom Auslande eine unerwartete Unterstützung;
der Herzog Christian Friedrich von Holstein-Augustenburg und der dänische
Minister Graf Schimmelmann, beide warme Verehrer Schillers, boten
ihm für die nächsten drei Jahre eine jährliche Beisteuer von 1000 Thalern;
dankerfüllt nahm Schiller dieses reiche Geschenk an. Nun wichen die
Sorgen; seine Gesundheit hob sich wieder; seine wiedererwachte Arbeits¬
lust wandte sich dem Studium der philosophischen Werke Kants zu; nicht
nur seine Erkenntnis des Wesens der Kunst, sondern noch mehr die Ethik
seiner Weltanschauung gewannen hier außerordentliche Förderung und
Nahrung. Auch die erschreckende Wendung, welche die anfangs mit Hoffnung
begrüßte französische Revolution genommen hatte, blieb nicht ohne Rück¬
wirkung auf Schiller. So begann er mit großen Plänen einen neuen
Abschnitt seiner Thätigkeit, nachdem er (Sommer 1793) mit seiner Familie
einen erquickenden Besuch seiner schwäbischen Heimat abgestattet und den
Winter in Ludwigsburg und Stuttgart zugebracht hatte. Nach seiner
Rückkehr (Mai 1794) legte seine dritte Begegnung mit Goethe den Grund
zu dem so bedeutsamen Freundschaftsbunde, und der Arbeitseifer wuchs
mit den Erfolgen. Die „Horen" wie der „Musenalmanach" machten
viel Mühe, und wurden nach wenigen Jahren wieder ausgegeben; den Mittel¬
punkt des wissenschaftlichen Studiums und des poetischen Schaffens bildete
immer mehr der „Wallenstein". Die „Geschichte des dreißig¬
jährigen Krieges" war schon 1793 vollendet worden. Das Bild des
großen Feldherrn blieb dem vorsichtigen Geschichtsforscher noch von manchem