Full text: Lesebuch zur Einführung in die deutsche Litteratur (Teil 6, [Schülerband])

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Tot ist Hildebrand, Heribrands Erzeugter." 
Hildebrand erhob das Wort, Heribrands Erzeugter: 
„Wohl hör' ich das und sehe an deinem Harnische, 
Du habest daheim noch einen guten Herrn, 
Mußtest nicht entrinnen noch aus diesem Reiche. 
Weh nun, waltender Gott, Wehgeschick erfüllt sich! 
Ich walte der Sommer und Winter sechzig, 
Daß man stets mich scharte zu der Schießenden Volk: 
Vor keiner der Städte doch kam ich zu sterben; 
Nun soll mich mit dem Schwerte das eigne Kind erschlagen, 
Mit der Waffe treffen, oder ich sein Töter werden. 
Doch magst du nun leichtlich, wenn dir langt die Kraft, 
Von so ehrwürdigem Mann die Rüstung gewinnen, 
Den Raub erbeuten, hast du irgend Recht dazu. 
Denn der sei doch der ärgste der Ostleute, 
Der dir den Kampf nun weig're, nun dich so wohl des lüstet. 
In handgemeiner Schlacht entscheide die Begegnung, 
Wer von uns heute die Harnische räumen müsse, 
Oder dieser Brünnen (Panzer) beider walten." 
Da ließen sie zum ersten die Eschen schmettern 
In scharfen Schauern, daß es in den Schilden stand; 
Dann stapften zusammen die Steinrandklaren, 
Hieben harmlich die Hellen Schilde, 
Bis ihnen die Linden nicht mehr langten, 
Zermalmt mit den Waffen — — —. 
Aas jüngere Kitdebrandstied. 
Altdeutsches Lesebuch in neudeutscher Sprache. Von Karl Simrock. 2. Ausl. Stuttgart, 1884. 
„Ich will zu Lande reiten," sprach Meister Hildebrand, 
„Ist gleich von langen Zeiten der Weg mir unbekannt. 
In fremden Landen waren wir manchen lieben Tag, 
Daß mein in dreißig Jahren Frau Ute nicht mehr pflag." 
„Willst du zu Lande reiten," sprach Herzog Amelung, 
„Was begegnet dir aus der Heide? ein stolzer Degen jung, 
Dort auf des Berners Marke, der junge Alebrand: 
Und rittest du selbzwölfter, du würdest angerannt." 
„Ist er mit Reiten denn so wild in seinem Übermut, 
Ich zerhau' ihm seinen grünen Schild, es thut ihm nimmer gut. 
Ich zerhau' ihm seine Brünne mit einem schnellen Schlag, 
Daß wohl ein Jahr darüber seine Mutter klagen mag." 
„Das thu du nicht," versetzte von Bern Herr Dieterich, 
„Daß du den Jungen tötest, Hildebrand, das bitt' ich dich. 
Du sollst ihn freundlich bitten wohl um den Willen mein, 
Daß er dich lasse reiten, so lieb ich ihm mag sein."
	        
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