124
den Stiliche recht irüs Gedränge zu bringen, reizte Rufinus
den König der Westgothen, Alarich, zu einem Einfälle in Ita¬
lien. Hier aber trat ihm Stilicho entgegen, schlug ihn in einer
großen Schlacht und bewog ihn endlich durch das Versprechen
eines Iahrgeldes zum ruhigen Rückzuge nach Illyrien. Kaum
batte Alarich den Boden Italiens verlassen, als mächtige Scha¬
ren heidnischer Germanen, insbesondere Vandalen, Burgunder,
Sueven und Alanen, unter ihrem Herzoge Ra dag ais über
die Donau und die Alpen verheerend in Italien vordrangen
bis nach Florenz. Auch diese besiegte Stilicho; Radagais selbst
wurde gefangen und enthauptet.
Der zweimalige Retter Roms und Italiens erntete aber
nicht den wohlverdienten Lohn. Seine Feinde benutzten den
Umstand, daß er sich mit Alarich in einen Vertrag eingelassen,
zur Anklage auf Hochverrath und bewirkten seine Hinrichtung
zu Ravenna. Das hörte Alarich. Ergrimmt über die Vorent-
baltung des Tributs, rückte er sofort wieder in Italien ein und
belagerte Rom. Die Römer schickten schleunigst Gesandte in sein
Lager und ließen ihm vorstellen, wie außerordentlich groß und
gerüstet ihre Kriegsmacht sei, und hofften, nun würde er wohl
vor Schrecken zurückeilen. Alarich aber lachte überlaut und
ries: „Je dichter das Gras, um so leichter das Mähen!"
Anfangs verlangte er, unter der Bedingung des Abzuges,
alles Gold und Silber in der Stadt; hob aber doch, als man
ihm 5000 Pfund Gold und 30,000 Pfund Silber versprach,
die Belagerung auf und zog ab. Der Kaiser Honorius aber,
welcher sich in Ravenna verschanzt hatte, wollte diesen Ver¬
trag nicht gelten lassen. Da kehrte Alarich zurück und setzte
in Rom einen neuen Kaiser, Namens Attälus, ein. Doch
bald setzte er diesen wieder ab und knüpfte mit Honorius in
Ravenna neue Unterhandlungen an. Als diese aber fruchtlos
abliefen, drang er während der Nacht in Rom ein und überließ
es seinen Gothen zur Plünderung (410). Dann zog er nach
Unteritalien. Seine Absicht war, erst Sicilien zu erobern, dann
nach Afrika überzusetzen; da ereilte ihn der Tod. Seinen Leich¬
nam nebst köstlichen Schätzen begruben die trauernden Gothen