Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

Geographische Bilder. 
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Versetzen wir uns auf seinen Gipfel! Welch ein Umblick! Ein 
Land, die Wiege aller neuen Kultur, breitet sich vor uns aus, in dem 
ehemals zwanzig berühmte Völkerschaften lebten. Das da unten liegende, 
jetzt so entvölkerte Thessalien und jenes verwüstete Hellas, sie zählten 
einst über hundert mächtige Städte; ihre blühenden Felder waren mit 
Dörfern und Flecken bedeckt; überall drängten sich Wohnungen, Tempel 
und die Denkmäler des Gedeihens, des Überflusses, der Gesittung und 
der höchsten geistigen Kultur. 
Der Unternehmungsgeist der Griechen schuf an den Küsten 
tiefe Häfen, trocknete pesthauchende Sümpfe aus und bedeckte die 
Gewässer mit ihren Schiffen, deren Flaggen alle damals bekannten 
Meere beherrschten. Was ist aus alle dem in anderthalb Jahr¬ 
tausenden geworden? Von den meisten Orten der Vorzeit kennt mau 
die Stätte nicht mehr; wilde Tiere hausen in den Ruinen der 
Paläste; Herden weiden auf der Schwelle der eingestürzten Tempel, 
und auf der unwirtlichen Höhe, von der Zeus seine Blitze herab¬ 
schleuderte, horstet nur noch sein Adler. Versumpft sind die Küsten 
und hauchen Seuchen aus; die Häfen sind verschlammt oder vertrocknet; 
die wenigen Städte gleichen Skeletten; die allgemeine Armut ist an die 
Stelle des Reichtums, Mangel und Entbehrung sind an Stelle der Wohl¬ 
habenheit und des Überflusses getreten; das ganze Land, einst der 
Schauplatz so vieler Pracht, ist ein Bild der Verwüstung und des 
Elends. Erst in neuester Zeit beginnt wieder frisches Leben sich in 
einigen aufblühenden Städten zu regen. 
96. Das Leben in den Straßen Neapels. 
Man kann sich kaum ein bunteres Bild denken als das Gewühl 
in der langen, von Süden nach Norden sauft ansteigenden Straße 
Toledo, der Pulsader Neapels. Zwei selten unterbrochene Reihen von 
hin- und herfahrenden Equipagen, unter die sich noch die Omnibusse 
und Reiter mischen, drängen die Fußgänger und einen guten Teil der 
Pferde, Maultiere und Esel rechts und links au die Häuser. Hier 
fänden sie aber wenig Raum, wäre die Straße nicht von ansehnlicher 
Breite. Denn nicht allein die Besucher der Cafes, deren es hier wie 
überhaupt in Italien unzählige gibt, sitzen der frischen Luft wegen 
weit in die Straße hinein, sondern auch alle Arten von Handwerkern, 
Schneider, Schuster, Schlosser, Sattler, Blechschmiede und andere, arbeiten 
bei Tag und bei Licht nicht in ihrer Bude, sondern vor derselben. 
Nur wenn sie von der Glut der Mittagssonne, vom Regen oder von 
der Tramontano, dem dort oft heftig wehenden Nordwind, verscheucht 
werden, ziehen sie sich in die Häuser zurück. 
Die Kleinverkäufer, deren Zahl Legion ist, und die Geldwechsler 
haben ebenfalls ihre Tische auf der Straße aufgestellt. Eine Menge 
Garköche, welche hauptsächlich Macearoni bereiten, Aufwärter aus 
Restaurationen, die Kaffee brennen, Leute, die Kastanien und Mais- 
Zettel-Nicklas, Deutsches Lesebuch III. 8. Ausl. fj
	        
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