286 B. Lyrische Poesie.
Deutschland. Schenkendorf: Muttersprache.
73. Deutschland.
1. Deutschland! Deutschland!
O heil'ger Name, o süßer Klang!
Dich lieb' ich, preis' ich mein Leben
lang;
Wie schlägt mir vor Lust
Das Herz in der Brust,
Deutschland! Deutschland!
Bei deinem Namen!
2. Deutschland! Deutschland!
Umsonst nicht bist du Europas Herz;
Streb' immer höher, streb' himmel¬
wärts.
Daß jedes Gemüt
Erbebt und erglüht,
Deutschland! Deutschland!
Bei deinem Namen!
3. Deutschland! Deutschland!
Sei uns, die liebend dir zugewandt.
Ein freies, glückliches Vaterland, —
Daß Süd dir und Nord
Singt einig hinfort:
Deutschland! Deutschland!
Heil deinem Namen!
4. Deutschland! Deutschland!
Daheim und ferne — stets denk' ich
dein!
Dein ist mein Leben, dein soll es
sein —
Zn Freud' und in Leid,
Zn Fried' und in Streit!
Deutschland! Deutschland!
Heil deinem Namen!
Hoffmann von Fallersleben.
74. Muttersprache.
Max von Schenkendorf, geb. den 1l. Dezember 1784 zu Tilsit, zog 1813 mit
ins Feld, 1815 Regierungsrat in Koblenz, gest. daselbst den I I. Dezember 1817.
1. Muttersprache, Mutterlaut,
Wie so wonnesam, so traut!
Erstes Wort, das mir erschallet,
Süßes, erstes Liebeswort,
Erster Ton, den ich gelallet,
Klingest ewig in mir fort!
2. Ach, wie trüb ist meinem Sinn,
Wenn ich in der Fremde bin!
Wenn ich fremde Zungen üben,
Fremde Worte brauchen muß.
Die ich nimmermehr kann lieben.
Die nicht klingen als ein Gruß.!
3. Sprache, schön und' wunderbar.
Ach, wie klingest du so klar!
Will noch tiefer mich vertiefen
Zn den Reichtum, in die Pracht,
Zst mir's doch, als ob mich riefen
Väter aus des Grabes Nacht.
4. Klinge, klinge fort und fort,
Heldensprache, Liebeswort!
Steig' empor aus tiefen Grüften
Längst verschollnes, altes Lied,
Leb' aufs neu in heil'gen Schriften,
Daß dir jedes Herz erglüht!
5. Überall weht Gottes Hauch,
Heilig ist wohl mancher Brauch;
Aber soll ich beten, danken.
Geb' ich meine Liebe kund.
Meine seligsten Gedanken,
Sprech' ich wie der Mutter Mund.
75. Ein deutsches Lied.
Georg Philipp Schmidt von Lübeck, geb. den 1.Januar 1766 zuLübeck, dänischer
Justizrat und Bankdirektor in Altona, gest. in Kopenhagen den 28. Oktober 1849.
1. Von allen Ländern in der Welt
Das deutsche mir am besten gefällt,
Es tränst von Gottes Segen;
Es hat nicht Gold noch Edelstein,
Doch Männer hat es, Korn und Wein
Und Eisen allerwegen.
2. Von allen Sprachen in der Welt
Die deutsche mir am besten gefällt,
Zst freilich nicht von Seiden;
Doch wo das Herz zum Herzen spricht,
Zhr nimmermehr das Wort gebricht
Zn Freuden und in Leiden.