Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten, nebst einem Abriß der Poetik und Litteraturgeschichte

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durchbohrte ihm Alexander die Brust mit der Lanze. Spithridates hatte von 
hinten das Schwert gegen Alexander aufgehoben; doch Klitns kam ihm zuvor 
und trennte dem Perser mit einem Hiebe den Arm samt dem Säbel vom Leibe. 
Die Mazedonier hatten neben der größern Kraft und Übung den Vorteil der 
Stoßlanzen gegen die Wnrflanzen der Perser, und so wurden die letztern ans 
dem Punkte, wo Alexander selbst kämpfte, zuerst zurückgetrieben, und da dies 
der Mittelpunkt war, wichen bald auch die Reiter auf den Flügeln; die Flucht 
wurde allgemein. Ungefähr tausend persische Reiter fielen; verfolgt aber wurden 
sie nicht stark, weil Alexander sich gegen die Söldner wandte und sie mit der 
Phalanx und den Reitern von allen Seiten angriff. Er selbst drang mit solchem 
Ungestüm unter sie ein, daß ihm sein Pferd getötet ward. So in die Mitte 
genommen, wurden sie in kurzer Zeit niedergehauen; kein Mann entkam, als 
die sich unter den Leichen verbargen; gefangen wurden zweitausend. Die Maze¬ 
donier verloren fünfundzwanzig Mann von den Edelfcharen, deren metallene 
Standbilder, von Lysippus gefertigt, zu Dinm aufgestellt wurden, und andere 
neunzig Krieger, deren Hinterbliebene Alexander großmütig beschenkte. Nach 
Athen sandte er dreihundert vollständige persische Rüstungen, als ein Weihe¬ 
geschenk für die Pallas Athene, und feiner Mutter Olympias schickte er eine 
Menge goldener Becher, Purpurkleider und andere von den Persern erbeutete 
Kostbarkeiten. 
94. Die Zerstörung Karthagos. 
Theodor pielitz. 
Karthago hatte sich von der Ohnmacht, in welche es durch den zweiten 
Krieg mit den Römern versetzt worden war, durch seinen blühenden Handel 
schnell erholt. Das erregte den Neid und zugleich die Besorgnis der Römer. 
Besonders heftig trat ein alter Senator, Cato mit Namen, der früher als 
Sittenrichter die überhandnehmende Pracht und Üppigkeit der Römer aufs 
strengste verfolgt hatte, gegen die alten Feinde seines Vaterlandes auf. Einst 
schilderte er im Senat die Gefahr, mit der das wiederaufblühende Karthago 
Rom bedrohe, und ließ am Ende seiner Rede einige Feigen aus seiner Toga 
fallen. Alle bewunderten die Größe und Schönheit der Früchte; er aber rief: 
„Wisset, daß sie erst vor drei Tagen in Karthago gepflückt sind! So klein ist 
der Zwischenraum, der uns von diesem gefährlichen Feinde trennt." Seitdem 
trat er nie im Senat auf, ohne feiner Rede, wovon sie auch immer handeln 
mochte, die Worte hinzuzufügen: „Übrigens bin ich der Meinung, Karthago 
müsse zerstört werden." Endlich drang er mit seinem Vorschlag zu einem 
Vernichtungskriege durch. Schon längst hatte der den Römern befreundete 
König von Numidien die Karthager wiederholt beleidigt und ihnen Land weg¬ 
genommen, immer aber waren diese zu Rom mit ihren Klagen abgewiesen 
worden. Endlich verteidigten sie sich ohne Erlaubnis der Römer; doch obgleich 
sie geschlagen wurden, erklärten die Römer dies für einen Friedensbruch und 
schickten ein Heer nach Afrika. Da versprachen die Karthager völlige Unter¬ 
werfung und sandten zum Unterpfand ihrer Treue dreihundert Jünglinge ans 
den angesehensten Familien. Der Konsul lobte sie für diese schnelle Unter¬ 
werfung, verlangte aber nun die Auslieferung aller ihrer Waffen und Kriegs-
	        
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