Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten, nebst einem Abriß der Poetik und Litteraturgeschichte

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III. Sagen und Legenden. 
a. Sergen des kterfsisehen ALtertrrnrs. 
63. Theseus. 
Nach Gustav Schwab und /riebr. Lecker. 
Theseus war der Sohn des athenischen Königs Agens. Unter seinen Helden- 
chaten ist ani berühmtesten die Besiegung des Minotaurus, eines Ungeheuers, 
das halb Stier und halb Mensch war. Jährlich nämlich mußte die Stadt Athen 
sieben Jünglinge und sieben Jnngsrauen an den König Minos nach Kreta 
schicken als Opfer für den Minotaurus. Um sein Vaterland von diesem harten 
Tribute zu befreien, schloß sich Theseus freiwillig den Geiseln an. Mit Hilfe 
der Königstochter Ariadne gelang es ihm, das Ungetüm in dem unterirdischen 
Labyrinthe zu töten und den Weg aus den Jrrgängen zurückzufinden. Ariadne 
hatte ihm nämlich ein Knäuel gegeben, dessen Ende er am Eingänge des Laby¬ 
rinths anknüpfen und im Weitergehen ablausen lassen sollte, damit er den Rück¬ 
weg fände. Fröhlich segelte er nach vollbrachtem Werke mit Ariadne nach seiner 
Heimat ab. Als er aber unterwegs aus der Insel Naxos landete, wurde Ariadne 
durch den Gott Bacchus geraubt. Aus Schmerz hierüber vergaß Theseus die 
Ichwarzen Segel des Schisses einzuziehen und sie wieder mit weißen zu ver¬ 
waschen. Diese sollten nämlich der Verabredung mit dem Vater gemäß das 
Zeichen sein, daß er den Kamps mit dem Minotaurus glücklich bestanden 
habe. Als nun Agens, der dem Schiffe sehnsüchtig entgegen schaute, von weitem 
die schwarzen Segel erblickte, glaubte er, sein Sohn sei umgekommen, und 
stürzte sich aus Verzweiflung von dem hohen Felsen, aus dem er stand, ins 
Meer, welches von ihm das Agäische genannt wurde. 
64. Herkules' Geburt und Jugend. 
Nach Gustav Schwab. 
Herkules war der Sohn des Zeus und der Alkmene; sein menschlicher Pflege¬ 
vater hieß Amphitryon. Dieser, wie auch seine Mutter, gehörte zu dem berühmten 
argivischen Heldengeschlechte des Perseus. Als Herkules geboren wurde, that 
Zeus den Ausspruch: „Heute wird ein Mann geboren, der wird der größte 
Held unter allen Sterblichen werden." Hierüber erzürnte Here, die Gemahlin 
des Zeus, und sie bot alles aus, um das Kind zu verderben oder wenigstens 
seine künftige Größe zu verhindern. Durch List wußte sie Herkules um das 
Recht der Erstgeburt in seinem Geschlechte zu betrügen und dasselbe einem schwäch¬ 
lichen Verwandten, Enrystheus, zuzuwenden. Auch schickte sie, als Herkules
	        
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