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der Luft wandte ich daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größeren
Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich auch zum zweiten Male noch zu kurz und
siel nicht weit vom andern Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich
unfehlbar umkommen müssen, wenn nicht die Stärke meines eigenen Arms mich an meinem
eigenen Haarzopfe samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Kniee schloß, wieder
herausgezogen hätte.
4. Einstmals mußte ich mit der Post reisen. Als sich's nun fügte, daß wir an
einen engen hohlen Weg zwischen hohen Dornhecken kamen, so erinnerte ich den Postillon,
mit seinem Horn ein Zeichen zu geben, damit wir uns in diesem engen Passe nicht etwa
gegen ein anderes entgegenkommendes Fuhrwerk festfahren möchten. Mein Kerl setzte
an und blies aus Leibeskräften in das Horn, aber alle seine Bemühungen waren umsonst:
nicht ein einziger Ton kam heraus, — was uns ganz unerklärlich, ja in der That für
ein rechtes Unglück zu achten war, indem bald eine andere uns entgegenkommende
Kutsche auf uns stieß, vor welcher nun schlechterdings nicht vorbei zu kommen war.
Nichtsdestoweniger sprang ich aus meinem Wagen und spannte zuvörderst die
Pferde aus. Hierauf nahm ich den Wagen samt den vier Rädern und allen Päckereien
auf meine Schultern und sprang damit über Ufer und Hecke, ungefähr neun Fuß hoch,
was in Rücksicht auf die Schwere der Kutsche eben keine Kleinigkeit war, auf das Feld
hinüber. Durch einen andern Rücksprung gelangte ich, die fremde Kutsche vorüber,
wieder in den Weg. Darauf eilte ich zurück zu unsern Pferden, nahm unter jeden Arm
eins und holte sie auf die vorige Art, nämlich durch einen zweimaligen Sprung hinüber
und herüber, gleichfalls herbei, ließ wieder anspannen und gelangte glücklich am Ende
der Station zur Herberge.
Hier erholten wir uns wieder von unserm Abenteuer. Der Postillon hing sein
Horn an einen Nagel beim Küchenfeuer, und ich setzte mich ihm gegenüber.
Nun hört, ihr Herren, was geschah! Auf einmal ging's: Tereng! tereng! teng!
teng! Wir machten große Augen und fanden nun auf einmal die Ursache aus, warum
der Postillon sein Horn nicht hatte blasen können. Die Töne waren in dem Horn fest¬
gefroren und kamen nun, so wie sie nach und nach auftauten, hell und klar zu nicht
geringer Ehre des Fuhrmanns heraus; denn die ehrliche Haut unterhielt uns nun eine
ziemliche Zeit lang mit den herrlichsten Modulationen, ohne den Mund an das Horn
zu bringen. Da hörten wir den preußischen Marsch — Ohne Lied und ohne Wein —
Als ich auf meiner Bleiche — Gestern Abend war Vetter Michel da — nebst noch vielen
andern Stückchen, auch sogar das Abendlied: Nun ruhen alle Wälder. — Mit diesem
letzten endigte sich denn dieser Tauspaß, sowie ich hiermit meine russische Reisegeschichte.
151. Der Bauer und sein Sohn.
(Geliert.)
Ein guter dummer Bauernkuabe,
den Junker Halis einst mit auf Reisen nahm,
und der, trotz seinem Herrn, mit einer guten Gabe,
recht dreist zu lügen, wiederkam,
ging kurz nach der vollbrachten Reise
mit seinem Vater über Land.
Fritz, der im Gehn recht Zeit zum Lügen fand,
log auf die unverschämteste Weise.
Zu seinem Unglück kam ein großer Hund gerannt.
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