Object: Lesebuch für die Unterklassen der Volksschulen des Regierungsbezirkes Oberfranken

164. Rotkäppchen. 125 
164. Rolkäppchen. 
Es war einmal eine kleine, süße Dirne, die hatte jedermann lieb, 
der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter; die wußte 
gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte 
sie ihm ein Käppchen von rotem Sammet, und weil ihm das so 
wohl stand und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur 
das Rotkäppchen. — Eines Tages sprach seine Mutter zu ihm: 
„Komm, Rotkäppchen, da hast du ein Stück Uuchen und eine Flasche 
Wein; bring das der Großmutter hinaus! Sie ist krank und schwach 
und wird sich daran laben. Mach dich auf, bevor es heiß wird, 
und wenn du hinauskommst, so geh hübsch sittsam und lauf nicht 
vom Weg ab; sonst fällst du und zerbrichst das Glas und die Groß⸗ 
mutter hat nichts. Und wenn du in ihre Stube kommst, so vergiß 
nicht guten Morgen zu sagen und guck nicht erst in allen Ecken 
herum!“ „Ich will schon alles recht machen,“ sagte Rotkäppchen zur 
Mutter und gab ihr die Hand darauf. 
Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe 
Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete 
ihm der Wolf. Rotkäppchen aber wußte nicht, was das für ein
	        
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