IX. Epos.
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7. Wie er dann ein Reich gestiftet,
Drinn er seine Gnaden spendet
Menschenhold, ein Reich des Friedens,
Das in dieser Zeit nicht endet;
8. Wie durch ungeheure Meintat
Schuldlos er am Kreuz gestorben
Und durch seinen Tod das Leben
All der Welt — und dir erworben;
9. Wie er sich, der Todbezwinger,
Siegreich aus der Gruft erhoben
Und verklärt hinaufgefahren
In sein Himmelreich dort oben;
10. Wie er einst, der Weltenwalter,
Kommen wird am jüngsten Tage
Und den Lebenden und Toten
Wägen mit gerechter Wage,
11. Hoch und hehr, in großen Prächten
Auf den Wolken; mit Erstaunen
Und mit Zittern hört die Schöpfung
Das Erwachen der Posaunen: —
12. Dies und andres, was in dürrer,
Dürft'ger Red' ich dir entfaltet,
Hat ein' gottgeweihter Sänger
Reich zum Heilandslied gestaltet.
13. Einer von den Unsren, Elmar!
Nicht in weicher welscher Zungen,
In der Heimat vollen Klängen
Hat er herrlich es gesungen.
14. Hörst du es, du glaubst, im großen
Grünen Sachsenwald zu weilen:
Himmelweit die Astgewölbe,
Himmelhoch der Stämme Säulen!
15. Zwar der Vogelfang, das Rauschen
Dünkt dich neu und fremdes Schalles;
Doch ist alles dir so nahe,
Heimatlich vertraut ist alles.
16. Und verständlich ist dir alles,
Was ertönt aus hundert Kehlen,
Und verständlich, was die Büsche,
Was die Bäume sich erzählen;
17. Und verständlich das Geplauder
In den Brunnen, in den Bächen,
Und verständlich, was die Blumen
Flüsternd mit einander sprechen.
18. Klar vor deinen Sinnen liegen
All des Waldes Heimlichkeiten:
Alle Fragen kannst du lösen,
Alle Rätsel kannst du deuten.
19. Und du staunst, wenn all die Laute,
All das Rauschen und das Singen
Andachtsvoll zu einem großen
Gotteslob zusammenklingen.
20. Und im fernsten Tale möchtest
Du dir eine Herdstatt gründen
Unterm Kreuz, um unterm Kreuze
Deiner Seele Ruh' zu finden;
21. Denn von seiner Dornenkrone
Geht ein wunderbares Scheinen
Durch die Welt, das alle Völker
Muß durchleuchten und vereinen. —
22. Elmar, horch: die Frühlingsstürme
Tosen an des Sollings Halde;
Wenn die Sommerlüfte hauchen,
Führ' ich dich zum Wunderwalde.
23. Wo der Eichen hohe Wipfel
Mimigardeford umschauern,
Wohnt mein Freund im Strohdach¬
kotten
Unter Hirtenvolk und Bauern.
24. Hören mußt du, selber hören
Ihn, den Sänger sondergleichen;
Wenn die Sommerlüfte hauchen,
Gehn wir in das Land der Eichen."
F. W. Weber.