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Bilder aus der Natur und dem Menschenleben.
73. Der Herbst.
Nach L. Kellner.
Hai der Sommer seine Höhe überschritten, so werden die Tage
immer kürzer, und der Herbst naht heran. Das Laub der Bäume
wird gelb und fällt nach und nach auf die Erde. Die munteren Sing¬
vögel ziehen in wärmere Länder und kommen erst im Frühlinge
wieder. Nur der Sperling, die Goldammer, die Krähe und wenige
andere Vögel bleiben in unserer kälteren Gegend zurück. Einige, wie
Rotkehlchen und Drosseln, werden in künstlichen Schlingen von listigen
Knaben oder Jägern gefangen. Die Beeren des schwarzen Holunders
und der Eberesche dienen zur Lockspeise, und kommt das hungrige
Vögelchen, um zu naschen, setzt es sich auf das kleine Springholz, so
fällt dieses zur Erde, und der Näscher ist in der Schlinge gefangen.
Nur wenige Blumen, wie die Aster und Goldrute, blühen noch;
das Gras auf den Wiesen ist längst abgemäht; auch Hafer und Gerste
sind geschnitten und eingescheuert. Äpfel, Birnen, Nüsse und Pflaumen
sind reif und werden abgepflückt oder geschüttelt. Fröhlich klettern die
Knaben auf die Bäume, brechen die rotwangigen Äpfel und legen sie
in Körbe. Das Obst wird aufgehoben bis zum Winter. Man legt
es deshalb auf Stroh, damit es sich besser hält und besser schmeckt..
Der Winzer sammelt jetzt die Trauben. Er schüttet sie freudig in die
Kelter, sie werden gepreßt, und dann quillt jener süße Most heraus,
der sich später in Wein verwandelt.
Wie tot ist bald alles auf dem Felde! Der rauhe Wind weht
nun über die Stoppeln. Hier und da pflügt der Landmann oder sät
Korn und Weizen fürs künftige Jahr, und auf verborgenen Wegen
schleicht der Jäger, um das sorglose Wild zu überraschen.
74. Der Winter.
Nach L. Kellner.
Der erste Schnee ist gefallen, Frost umfängt die Erde, alles
Leben ist erstorben; es ist Winter. Da ruht die Erde und sammelt
neue Kräfte für den künftigen Frühling. Sie macht es wie der Mensch.
Auch dieser legt sich am Abend zur Ruhe und schläft während der
Nacht; gestärkt erwacht er am Morgen.
Die Bäume haben ihren Schmuck verloren und stehen entlaubt
da; die Blumen sind verblüht, das Gras der Wiese ist verwelkt, Toten¬
stille herrscht auf der weilen Flur. Kein munterer Singvogel läßt
mehr seine Lieder erschallen, und kein Hirt treibt mehr seine Herde
ins Freie. Kalt, sehr kalt ist es oft während des Winters, und die
Leute hüllen sich deshalb tiefer in warme Kleider und Pelze. Man
kann den Ofen nicht entbehren und heizt fleißig ein, damit es in den
Stuben warm werde. Das Wasser gefriert vor Kälte und verwandelt