Teutsche Sagen. 69
er wäre. „Des Landgrafen Jäger." Da sprach der Schmied: „Pfui
des Landgrafen! wer ihn nennt, sollte allemal das Maul wischen,
des Weichherzigen Herrn!" Ludwig schwieg, und der Schmied sagte
zuletzt: „Herbergen will ich dich heut; in dem Schuppen da findest du
Heu, magst dich mit deinem Pferde behelfen; aber um deines Herrn
willen will ich dich nicht beherbergen." Der Landgraf ging beiseit,
konnte aber nicht schlafen. Die ganze Nacht aber arbeitete der Schmied,
und wenn er so mit dem großen Hammer das Eifei^ zusammenschlug,
sprach er bei jedem Schlage: „Landgraf werde hart, Landgraf werde
hart wie dies Eisen!" und schall ihn und sprach weiter: „Du böser,
unseliger Herr! was taugst du den armen Leuten zu leben? Siehst du
nicht, wie deine Räte das Volk plagen?" Und erzählte also die liebe,
lange Nacht, was die Beamten für Untugend mit den Untertanen
übten; klagten dann die Untertanen, so wäre niemand, der ihnen hülfe;
denn der Herr nähme es nicht an, die Ritterschaft spottete seiner hinter¬
rücks, sie nennten ihn Landgraf Metz und hielten ihn gar unwert.
„Unser Fürst und seine Herren treiben die Wölfe ins Garn, und die
Amtleute die roten Füchse (die Goldmünzen) in ihre Beutel." Mit
solchen und anderen Worten redete der Schmied die ganze lange Nacht
zu den Schmiedegesellen; und wenn die Hammerschläge kamen, schall
er den Herrn und hieß ihn hart werden wie das Eisen. Das trieb er
bis zum Morgen; aber der Landgraf faßte alles zu Ohren und Herzen,
und ward seit der Zeit scharf und ernsthaftig in seinem Gemüt, begann
die Widerspenstigen zu zwingen und zum Gehorsam zu bringen.
Das wollten etliche nicht leiden, sondern verbanden sich gegen
ihren Herrn. Der aber ließ sie hängen, enthaupten und ertränken und
in den Stöcken sterben. Infolgedessen gewann er viel heimliche Neider
von ihren Mindern und Freunden und ging deshalb stets in einem
eisernen Panzer. Darum hieß man ihn den eisernen Landgrafen.
38. Landgraf Ludwig baut eine Mauer.
Ferdinand Wähler. Sagen ans der Geschichte des deutschen Volkes. Berlin. 1875.
Der eiserne Landgraf hatte seinem Schwager, dem Kaiser Friedrich
Notbart, geholfen, den Polenherzog zum Gehorsam zu bringen. Als
sie wieder heimzogen, führte der Landgraf seinen Schwager mit sich
auf sein Schloß, die Neuenburg; da ward der Kaiser von der Land-
gräfin freundlich empfangen und blieb eine Zeitlang bei ihnen. Eines
Morgens lustwandelte der Kaiser, besah die Gebäude und kam hinaus
auf den Berg, der sich vor dem Schloß ausbreitet. Und er sprach zu
dem Landgrafen: „Eure Burg behaget mir wohl, nur schade, daß sie
keine Mauern hat; sie sollte auch stark und fest sein." Ludwig er¬
widerte: „Um die Mauern sorge ich nicht, die kann ich mit Gottes
Hilfe schnell zuwege bringen, wenn ich ihrer bedarf." Der Kaiser
fragte: „Wie bald, meint Ihr, kann eine gute Mauer hierum gemacht