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64. 65. Aus „Otto der Schütz".
14. Jahrh.)
1. Mann und Jüngling.
Früh aus den Wolken sprang der
Tag,
Da kam durch taugenäßtcn Hag
Ein kräftig Mannsbild herge¬
gangen
Im knappen, grünen Jagdhabit,
5 Das zottge Dachsfellumgchangcn,
Den festen, lässig sichern Schritt
Gestützt auf seines SpecrcsSchaft.
Es war ein Mann in voller Kraft,
Ein Antlitz wie ans Holz gehauen,
10 Vertraut mit düsterm Wälder¬
grauen,
Gebräunt vom nächtgen Wetter-
schlage,
Lächelnd in jeder Müh und Plage,
Das von dem Kampf mit Bär
und Ur
In tiefen Narben trug die Spur;
15 Ein Aug, das mit dem glühndcn
Stern
Die grimme Bache scheuchte fern,
Weidmännisch keck ins Weite
schauend,
In jeder Not dem Arm ver¬
trauend,
Der seinem Herrn mit Stoß und
Hieb
20. Nie seine Dienste schuldig blieb.
Es zeugt das Not des Wangcn-
paars
Noch nicht von Mühsal manchen
Jahrs,
Doch in des Bartes dunkle Locken
Warf schon das Alter weiße
Flocken.
25. Ein Mann an Leib und an Ge¬
müte,
An innern: Sinn und äußerm
Kleid,
Wie sie so recht mit Vatergüte
Der Forst erzieht in Einsamkeit.
Mit ihm sein Hund, gleich ihm
gedrungen
30 An Brust und Gliedern, trotzig
kühn,
Die Nüstern weit, die Stirn ge¬
schwungen
Mit Augen, die von Mordlust
glühn;
Die breiten Ohren tief zerrissen,
Vom Wolfszahn grimmig aufgc-
schlissen,
25 Nur halb verdeckt sein weiß Ge¬
biß-
Kein Feind, den er nicht niederriß!
Der stand jetzt still, der Jäger
auch;
Das Tier nach guten Spürers
Brauch
Packt eine Fährt und wedelt lüstig.
40 Den Spieß ergreift der Jäger-
rüstig,
Rasch bricht er Bahn sich durchs
Gezweig,
Das tauft mit Morgentau ihn
reich.
Nun steht der Hund mit lautem
Knurren,
Als wollt er den: Gebieter mur¬
ren,
45 Vor dessen Zorn er nur sich scheute
Gleich anzuspringen seine Beute
Der Jäger schreitet nach. Da ruht
Auf offnem Platz in Waldes Hut,
Vom Frühhauch weich umspielt
Und mild,