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3. Der Himmel donnert seinen
Hader;
Auf seiner dunkeln Stirne glüht
Der Blitz hervor, die Zorncsader,
Die Schrecken auf die Erde sprüht.
4. Der Regen stürzt in lauten
Güssen;
Mit Bäumen, die der Sturm zer¬
brach,
Erbraust der Strom zu meinen
Füßen; —
Doch schweigt der Donner allgemach.
5. Der Sturm läßt seine Flügel
sinken,
Der Regen säuselt milde Ruh;
Da sah ich froh ein Hüttlein winken
Und eilte seiner Pforte zu.
IV. Der Schlaf.
1. Ein Greis trat lächelnd mir
entgegen,
Bot mir die Hand gedankenvoll
Und hob sie dann empor zum Segen,
Der sanft vom Hiinmel niederquoll.
2. Und ich empfand es tief im
Herzen,
Daß Zorn der Donner Gottes nicht;
Daß aus der Weste leichten Scherzen
Wie ans Gewittern Liebe spricht.
3. Und einen Labebecher trank ich
Und schlich, wohin die Ruh mich rief,
Hinaus zur Scheune; müde sank ich
Hier in des Heues Duft — und
schlief.
4 Was mich erfreut auf meinen
Wegen,
Das träumt ich nun im Schlafe nach;
Und träumend hört ich, wie der
Regen
Sanft niederträufelt' auf das Dach.
V. Der Abend.
1. Die Wolken waren fortgezogen,
Die Sonne strahlt' im Untergang
Und am Gcbirg der Regenbogen,
Als ich von meinem Lager sprang.
2. Da griff ich nach dem Wander¬
stabe,
Sprach meinem Wirt ein herzlich
Wort
Für Ruhestatt und milde Labe
Und zog in stiller Dümmrnng fort.
Nik. Lenau.
93. Schäfers Klagelied.
1. Da droben auf jenem Berge
Da steh ich tausendmal.
An meinem Stabe gebogen,
Und schaue hinab in das Thal.
2. Da folg ich der weidenden
Herde,
Mein Hündchen bewahret mir sie;
Ich bin heruntergekommen
Und weiß doch selber nicht wie.
3. Da stehet von schönen Blumen
Die ganze Wiese so voll;
Ich breche sie, ohne zu wissen,
Wem ich sie geben soll.
4. Und Regen, Sturm und Ge¬
witter
Bcrpaß ich unter dem Baum.
Die Thüre dort bleibet verschlossen;
Doch alles ist leider ci-n Traum.