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6. Mein Vater, mein Vater, und sichst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düstern Ort? —
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau;
Es scheinen die alten Weiden so grau. —
7. „Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt."
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!
Erlkönig hat mir ein Leids gethan! —
8. Dem Vater grausets, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Müh unb Not —
In seinen Armen das Kind war tot.
W. v. Goethe (178!).
2. Der Fischer.
(Lesebuch für Quarta S. 212).
1. Das Wasser rauscht', das Was¬
ser schwoll,
Ein Fischer saß daran,
Sah nach dem Angel ruhevoll,
Kühl bis ans Herz hinan.
Und wie er sitzt und wie erlauscht,
Teilt sich die Flut empor;
Aus dem bewegten Wasser rauscht
Ein feuchtes Weib hervor.
2. Sie sang zu ihm, sie sprach zu
ihm:
„Was lockst du meine Brut
Mit Mcnschenwitz und Menscheulist
Hinauf in Todesglut?
Ach, wüßtest du, wies Fischlein ist
So wohlig auf dem Grund,
Du stiegst herunter, wie du bist,
Und würdest erst gesund.
3. Labt sich die liebe Sonne
nicht,
Der Mond sich nicht im Meer?
Kehrt wellenatmend ihr Gesicht
Nicht doppelt schöner her?
Lockt dich der tiefe Himmel nicht,
Das feuchtverklürte Blau?
Lockt dich dein eigen Angesicht
Nicht her in ewgen Tau?"
4. Das Wasser rauscht', das Was¬
ser schwoll,
Netzt' ihm den nackten Fuß;
Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll
Wie bei der Liebsten Gruß.
Sie sprach zu ihm, sic sang zu ihm;
Da wars um ihn geschehn:
Halb zog sie ihn, halb sank er hin
Und ward nicht mehr gesehn.
33. v. Goethe (1778).