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entschloß sich endlich zu einer Probe mit Kruppschen gezogenen Vorderladern,
und diese bewährten ihre Überlegenheit aufs glänzendste im Kriege gegen
Dänemark. Die neukonstruierten Hinterlader blieben im Feldzug des Jahres
1866 hinter den hochgespannten Erwartungen zurück, aber nur weil die
Militärverwaltung aus Eigensinn anstatt des Kruppschen Nundkeilverschlusses
einen Verschluß eigener Erfindung an den Geschützen angebracht hatte. Der
Fehler wurde leicht korrigiert, und nachdem im Sommer 1868 ein Probe-
schießen zwischen einem mächtigen Woolwich-Vordcrlader und einem Krupp-
schen Sechsundnennzigpfünder mit einer jämmerlichen Niederlage des Eng¬
länders geendigt hatte, führte fortan die preußische, und auch die russische,
österreichische und italienische Artillerie keine andern Feldgeschütze mehr als
Kruppsche gezogene Hinterlader.
So wuchs das Essener Gußstahlwerk in den Händen Alfred Krupps
allmählich zu einem riesigen Umfange heran. Es umfaßt außer dem gewaltigen
Essener Fabrikgebiet mit zwei Arbeiterdörfern noch ein zweites Stahlwerk,
3 Kohlengruben, 547 Eisensteingruben in Deutschland und mehrere bei
Bilbao in Spanien, 4 Hüttenwerke, 2 Schießplätze, vier Seedampfer, zahl¬
reiche Steinbrüche, Thon- und Sandgruben. Die Zahl der in der Fabrik
beschäftigten Arbeiter und Beamten mit ihren Familien beträgt über 70000
Personen. Für das leibliche und geistige Wohl seiner Arbeiter hat Krupp in
väterlichster Weise Sorge getragen. Er hat Unterstützungskassen jeder Art
eingerichtet, Krankenkassen, Spar-, Vorschuß-, Pensionskassen, zu denen allen
er die Hälfte sämtlicher Beiträge aus eigner Tasche zuschießt. In den
Arbeiterdörfern gibt es freundliche Wohnungen zu billigem Mietpreis, die
nach einer bestimmten Zahl von Jahren in den eignen Besitz des Mieters
übergehen; da gibts Volks- und Industrieschulen, die von Kindern und
Erwachsenen unentgeltlich besucht werden; Lazarette, Apotheken, Bade¬
anstalten, die zu stündlichem Gebrauch offen stehen; da ist vor allen Dingen
die mustergültig verwaltete Konsumanstalt, die bei einem jährlichen Umsatz
von 5 Millionen Mark den Arbeitern sämtliche Lebensbedürfnisse zum
Selbstkostenpreis liefert.
Als Alfred Krupp, der „Kanonenkönig", im Juli 1887 gestorben war,
fand sich in seinem Testament das wahrhaft königliche Vermächtnis von
einer Million Mark für eine Stiftung, deren Erträgnisse ausschließlich den
Kruppschen Arbeitern und ihren Angehörigen zu gute kommen sollen. So
lebt sein Name nicht nur in großartigen Geschäftsunternehmungen, sondern
auch in Werken der Wohlthätigkeit fort; und mit Recht haben seine Arbeiter
ihm in Essen, an dem Hauptort seiner Thätigkeit, ein Denkmal in Erz und
Stein errichtet.