Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

28 
Die Franzosen hielten es gar nicht der Mühe wert, sich in der aus¬ 
gebrannten, leeren und schwarzen Klause umzusehen. Sie marschierten vorüber, 
der Schanze zu, die nur eine halbe Stunde oberhalb der Klause lag. Die 
Österreicher darin wurden aufgefordert sich zu ergeben. Sie antworteten 
aber mit ihren Kanonen so, daß der französische General, nachdem er sich zu 
weit gewagt hatte, sich mit seinen Leuten wieder um die Ecke des Berges 
zurückziehen mußte. Aber es half den Österreichern nichts. Dem Judas 
Jschariot wurde auch die linke Hand mit Gold gefüllt. Diesen Wegweiser 
voran, stunden bald etliche hundert Franzosen im Rücken der Schanze und 
schossen von oben herab aus allen Laufen hinein, wie die Bergschützen von 
oben in ein Ablernest hincinschicßen, wenn sic es nicht ausnehmen können, 
sondern nur zerstören wollen. 
Ich stand — jetzt möchte ich cs auch nicht mehr thun — nicht sehr weit 
von der Schanze auf einem Felsen und konnte mitten hinein sehen. Der 
Hauptmann darin ließ seine Kanonen drehen und die Läufe hochrichtcn. Aber 
sie schadeten dem Feinde nichts mehr, und auch die Scharfschützen hatten ihre 
Patronen bald verschossen. Dies merkten die Franzosen und kamen in Hellen 
Haufen heran. Der österreichische Hanptmann nahm einem gefallenen 
Kanonier die brennende Lunte aus der Hand und stellte sich damit an einen 
Wagen mit Munition. Bald aber sank er, von einer Kugel getroffen, zwischen 
die Räder, itnb die Lunte fiel aus seiner Hand in den offnen Kasten des 
Pulvcrkarrcns. Indes erstiegen die Franzosen den Wall und fingen an die 
wenigen tapfern Verteidiger, die keinen Pardon nahmen, niederzustoßen. — 
Da that es auf einmal einen furchtbaren Schlag. Ein dicker Dampf bedeckte 
die ganze Schanze, und als er sich den Berg langsam hinaufgezogen hat, ist 
sie wie ausgekehrt. Die Lunte, die ans der Hand des wackern Hnnptmanns 
zwischen die Patronen gefallen war, hatte nicht eher gezündet, als bis die 
Granaten mit einem Deutschen zehn Franzosen und noch mehr nieder¬ 
schmettern konnten. 
Als wir eine halbe Stunde darauf vor der eroberten Schanze vorüber¬ 
zogen, war cs darin schwarz wie in der Schmelzhütte von Bleiberg und so 
leer wie vorhin, als Sie, Herr, daran vorbeigegangen sind. Nur die Läufe 
der Kanonen blieben liegen; die verbrannten Leichname hatte cs bis auf die 
Straße hcrübergeworfen."— „Nun, und der Judas, der Verräter?" fragte 
der Erzähler den Fuhrmann, welcher aufstand und damit zu erkennen gab, 
daß seine Geschichte ans sei. „Der", antwortete der Gefragte, „ist mit den 
Franzosen weiter gezogen, man weiß nicht wohin. Im Kärntner Lande hi t 
er sich nicht mehr blicken lassen. Es wird bei ihm wie bei Kain geheißen 
haben: Die Stimme von deiner Brüder Bült schreit zu mir von der Erde. 
Unstät und flüchtig sollst du sein auf Erden!"
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.