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genommen und vor den Stadtpräfekten Rusticus geführt. Dieser suchte ihn zu
überreden, er solle sich den Befehlen des Kaisers gehorsam erweisen und den
Göttern opfern. Justinus berief sich auf seine Religion, die ihm das verbiete.
Auf des Präfekten Frage, was für eine Religion das sei, antwortete der
Glanbensheld, er habe in keiner Wissenschaft Befriedigung gefunden, sondern
einzig in der christlichen Religion, so sehr sie auch verachtet würde. „Elender",
rief darauf der Präfekt im Zorn, „so sehr bist du von dieser Religion einge¬
nommen?" — „Das bin ich, ich folge den Christen, und ihre Religion ist die
rechte." — „Was ist ihre Lehre?" — „Wir glauben an einen Gott, den
Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren, und bekennen, daß unser Herr
Jesus Christus der Sohn Gottes ist, der vor Zeiten von den Propheten vor¬
her verkündigt, einst als Richter des menschlichen Geschlechts erscheinen wird.
Ich bin viel zu gering, etwas Würdiges von seiner unendlichen Gottheit zu
sagen; das thaten vor Jahrhunderten schon die Propheten! „Jetzt wandte sich
Rusticus zu den übrigen Angeklagten und vernahm von ihnen, daß auch sie
Christen und meist schon von ihren Eltern im Christentum erzogen wären.
Nachdem er das Verhör der anderen beendigt hatte, redete er wieder Justinus
an. „Höre", sprach er, „du scheinst mir recht beredt zu sein und wähnst die
wahre Weisheit zu besitzen. Hoffst bit in den Himmel zu kommen, wenn ich
dich von Kopf zu Fuße geißeln lasse?" — „Ich hoffe cs nicht nur, sondern
ich bin dessen vollkommen gewiß." — Nun wollte Rusticus ihn und seine Ge¬
fährten zwingen zu opfern und drohte mit Folterqualen, wenn sie sich noch
länger weigerten. Freudig erwiderte Justinus: „Das gehört ja zu unsern
heißesten Wünschen, um unseres Herrn Jesu Christi willen zu leiden und selig
zu werden." Die übrigen fügten bestätigend hinzu: „Mach deine Sache ge¬
schwind, wir sind Christen und werden den Götzen in keinem Falle
opfern!" Lob- und Danklieder singend wurden darauf die mutigen Bekenner
nach dem Richtplatz geführt, erst gegeißelt und dann enthauptet. Dies geschah
etwa um 165nach Chr.; Justinus hatte das Alter von 64Jahren erreicht.
66. Kleidung und Bewaffnung der alten Deutschen.
Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, die Germanen wären je so dürftig
bekleidet umhergegangen wie die Stämme der Wilden in den Tropcnlündern.
Schon das kühle, feuchte, teilweise sogar rauhe Klima ihres Landes nötigte sie
auf ihre Bekleidung Wert zu legen. Mochten auch die Kinder nackt am Herd-
feuer aufwachsen, so waren doch die Erwachsenen stets in enganschließende
Tierfelle gekleidet, wozu schon in früher Zeit Wämser und Hosen aus Wolle
oder seltener ans Leinen kamen. Außerhalb des Hauses wurde noch ein kurzer
Mantel von ungefärbter Wolle angelegt, der auf einer Schulter mit einer