den Sie für so Wertvolles wünschen, ist nur gar zu wertlos;
darum möchte ich wenigstens recht schön schreiben, das habe ich
aber verlernt. Ist es nun zwar mir wie jedem Fürsten un¬
möglich, besser zu regieren, als Friedrich II., so bin ich doch so
eitel, Sie darauf austnerksam zu machen, daß ich ein Kein wenig
besser schreibe, als er. Ihre Gabe und Ihr Wunsch haben aber
noch einen andern entschiedenen Wert für mich; ich weiß, daß
sie aus einer echten und tüchtigen Gesinnung fließen, die unter
uns, gottlob, nie selten war und nicht selten wird, und der wir
unsere ehrenvolle Stellung in der Welt verdanken, die aber jetzt
leider zuweilen den Mut verliert, dem lauten, wirren Treiben
unberechtigter und unverständiger Forderungssucht so kräftig und
furchtlos entgegenzutreten, als sie es sollte. Stärken Sie daher
in Ihrem Kreise bei Ihren Gleichgesinnten den echten, treuen
und mutigen Biirgersiun, an dem Ihre Vaterstadt, lieber Herr-
Bär, so reich ist. Zuguterletzt noch die Hauptsache. Ich danke
Ihnen herzlich für die Freude, welche Sie mir durch die Über¬
reichung des interessanten Brieses gemacht haben. Wenn ich
wieder nach Breslau komme, so hoffe ich Sie zu sehen. Leben
Sie wohl. Friedrich Wilhelm.
74. Das Vaterland.
Ans Vaterland, ans teure, schließ' dich an,
Das halte fest mit deinem ganzen Herzen!
Hier sind die starken Wurzeln deiner Kraft;
Dort in der fremden Welt stehst du allein,
Ein schwankes Rohr, das jeder Sturm zerknickt.
Schiller.
75. Der 19. Juli 1870. *)
1. Zu Charlottenburg im Garten,
In den düstern Fichtenhain
Tritt, gesenkt das Haupt, das
greise,
Unser teurer König ein.
2. Und er steht in der Kapelle,
Seine Seele ist voll Schmerz,
Drin zu seiner Eltern Füßen
Liegt des frommen Brilders Herz.
3. An des Vaters Sarkophage
Lehnet König Wilhelm mild,
Und sein feuchtes Auge ruhet
Aus der Mutter Marmorbild.
4. „Heute war's vor sechzig
Jahren",
Leise seine Lippe spricht,
„Als ich sah zum letztenmale
Meiner Mutter Angesicht!
1) Während der König in Charlottenburg am Grabe der Mutter betete,
wurde die französische Kriegserklärung übergeben; an demselben Tage er¬
folgte auch die Wiederaufrichtung des Ordenszcichens vom eisernen Kreuze.