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Können unsere Giftpflanzen nicht mit gleichem Rechte so sprechen?
Warum hält aber der Apotheker ihren Saft so sorgsam verschlossen?
Daß mit dem Gifte nicht leichtsinnig umgegangen werde und nicht jeder
davon bekomme. Nur auf Verordnung des Arztes verabreicht er davon.
„Ich mache munter und froh!“ verspricht er dem Mutlosen.
„Höre nur, wie deine Kameraden lachen und singen! Sieh, wie sie sich brü—
derlich umarmen und necken? Ist es nicht eine Lust in ihrer Mitte zu sein?“
Folge mir einen Augenblick in die Gefängnisse! Frage dort die
Messerhelden und Totschläger, wer sie hinter Schloß und Riegel gebracht
habe! Die meisten werden dir mit geballter Faust antworten; „Dieser
Lustigmacher, der Alkohol!“‘ — Begleite mich in eine Irrenanstalt!
Weißt du, wer das traurige Los so mancher dieser bedauernswerten
Geschöpfe verursacht hat?“ Wiederum lautet die Antwort: „Unser
Freudenbringer und Sorgenbrecher, der Alkohol!“
Wie steht es nun mit dem vermeintlichen Freunde? Merkst du,
wie vorsichtig seine Lockungen hinzunehmen sind, damit die Vorteile und
Freuden, die er verheißt, sich nicht in Unheil verkehren?
Zwei Vorsichtsmaßregeln schützen am sichersten gegen seine über—
griffe. Sie heißen: Kein Alkohol im Kindesalter! Mäßigkeit dein
Leben lang!
Nach Heinrich Droste.
bs. Gift im Volksgebrauch.
Wir entsetzen uns gar gewaltig, wenn wir von den orientalischen
Völkern hören oder sprechen, wie sie sich dem Genusse des Opiums
hingeben, wie sie es in den mohammedanischen Ländern in Form von
Pillen oder Täfelchen kauen und in China in besonderen Pfeifen rauchen.
Und doch kann uns der bezopfte Sohn des Sonnenreiches entgegenhalten:
Du genießest ja selbst täglich Gift; gönne mir das eine Reizmittel, da
du deren drei jeden Tag zu dir nimmst!
Den Alkohol haben schon unsere Ahnen zu Tacitus' Zeiten gekannt;
denn dieser Geschichtschreiber betont ausdrücklich, daß die Germanen nur
zu besiegen waren, weil sie dem Trunke huldigten. Er hat damit ein
großes Beispiel von der lähmenden Wirkung dieses Giftes den unaus—
löschbaren Tafeln der Geschichte eingegraben.
Die Entwicklung des Weltverkehrs hat dann noch das Koffein gebracht.
Seine aufregende Wirkung, die zuerst ein Klostervorsteher beobachtete,
als seine Moͤnche nach dem Kaffeegenuß die ganze Nacht munter blieben,
hat bis heute ihre Kraft erhalten. Tag für Tag stürmen die Menschen
mit diesem Gifte auf Nerven und Herz ein. Lange Jahre verspüren
sie die schlimmen Folgen nicht; sie sind anscheinend arbeitsfähiger nach