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17. Italien. Rom.
die rotbraune Erdasche außerordentlich beschwerlich. Bei jedem Schritte auf—
wärts sinkt man wiederum einen halben Schritt zurück. Natürlich muß man
oft anhalten und ausruhen, damit die Kräfte sich sammeln. Hier und da ist
der Boden sehr heiß, und ein weißer Rauch qualmt manchmal unter den Steinen
hervor. Nach einer halben Stunde ist die beschwerliche Besteigung des Kegels
vollendet, wir stehen glücklich oben am Rande des Kraters.
Der Krater des Vesuvs ist ein ungeheurer rundlicher Kessel, dessen Rand
umher 10 bis 16 und mehr Meter hoch ist und aus verbranntem Gestein und
Asche besteht; natürlich ist dieser Rand an einer Stelle höher als an der anderen.
Um den ganzen Krater kann man bei großer Vorsicht auf dem schmalen Rande,
der ihn umgiebt, herumgehen, wozu etwa 1 Stunde erforderlich ist. Daß sich
seine Gestalt bei heftigen Ausbrüchen immer verändert, ist bekannt.
In der Mitte des ungeheuren Kessels ist ein Boden, der eigentliche
Feuerschlund. Man sieht da einen kleinen Kegel, der 8 bis 10 Meter hoch
zu sein scheint und durch das Gestein und die Asche, die der Vulkan immer
auswirft, gebildet ist. Auf dem Gipfel dieses Kegels ist eine Offnung, aus
welcher ein weißer, schwefelgelblich schimmernder, dichter Dampf aufwallt; einige
kleinere Offnungen sind daneben. Am Fuße dieses kleinen Kraters bemerkt man
an verschiedenen Stellen, deren Zahl sich vermehrt, sobald es dunkel wird, das
Feuer der Erde. Wie düsterrote Kohlenglut sieht man hier das Gestein des
Berges brennen; zwischen dem Feuer hin ziehen sich Lagen der schwarzen, mit
gelbem Schwefel überzogenen Erde. Die innere Wand des Kraters ist steil
und gewährt dem Auge eine gar wilde, schauerlich öde Ansicht.
Unter unseren Füßen brüllt der Donner der Erde dumpf wie der
Kanonengruß ferner Meerschiffe, bald tiefer, dumpfer, grauenvoller, wütender,
ein Getöse hohl zusammenschlagender Felsenberge. Ein Atemzug der Stille,
und der dichte graue Dampf, der über der Offnung des kleinen Kegels schwebt,
rötet sich, rötet sich heißer, glühender, brennender. Ein breiter Flammenstrahl
fährt sausend, zischend, rollend empor; ein Haufen heißer Steine und Asche
steigt funkelnd über das Feuer hinaus in die Nacht und fällt rings auf den
kleinen Kegel nieder. Meyer.
17. Italien. Rom.
Eins der schönsten und fruchtbarsten Länder Europas ist Italien.
Der Dichter preist es mit den Worten:
Kennst du das Land, wo die Citronen blühn,
im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?
Mit Bewunderung durchzieht der Wanderer die schönen Städte
dieses gesegneten Landes; das prächtige Mailand mit seinem herr—
lichen Dome; das gleichsam aus dem Meere aufsteigende Venedig
mit seinen Marmorpalästen und Hunderten von Gondeln, welche rasch
und geräuschlos die Kanäle durchfurchen; das heitere Florenz mit
seinen Kunstschätzen und das einzige Neapel, reizend am Meere ge—
legen in der Naͤhe des feuerspeienden Berges Vesuv, Italiens größte
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