Full text: [Abteilung 6 = Für Unter-Sekunda, [Schülerband]] (Abteilung 6 = Für Unter-Sekunda, [Schülerband])

84 H- Kutturbilder. 
II. Kulturbilder. 
15. Kloster Lehnm. 
Von August Trinius. 
Zwei Meilen südlich von Brandenburg, in dem alten Landesteile, 
„die Zauche" genannt, liegt das ehemalige Cistercienserkloster Lehnin. 
Äber seine Entstehung berichtet der böhmische Chronist Pulcava, und 
zwar, wie er ausdrücklich versichert, „nach einer alten brandenburgischen 
Chronik", folgende Sage: 
Markgraf Otto I., der Sohn Albrechts des Bären, jagte einst mit 
reichem Gefolge in dieser Gegend. Bei der Verfolgung eines Wildes 
sah er sich plötzlich von den Seinen getrennt und allein. Der Tag war 
heiß, und, ermüdet von den Anstrengungen der Jagd, setzte sich der 
Fürst in den Schatten einer Eiche, wo er denn auch bald einschlief. 
Da erschien ihm im Traume eine Äirschkuh, welche versuchte, grimmig 
aus ihn einzudringen und ihn zu töten. Zn seiner Bedrängnis rief er 
Gott um Äilfe an; der Spuk entschwand, und er erwachte. Seine 
Mannen aber, welche inzwischen ihn wiedergefunden hatten, meinten, 
das sei der Teufel in eigener Person gewesen. Da gelobte der Fürst, 
an dieser Stelle ein Kloster erbauen zu lassen, in dem er selbst einst 
Ruhe finden wolle. So geschah es, und das Kloster ward Lenyn, d. h. 
Äirschkuh, genannt. Der Baum aber, unter dem der Fürst gerastet 
hatte, sollte vor dem Altar zum ewigen Gedächtnis erhalten bleiben. 
Zm April 1180 begann der Bau des Klosters, welches dann mit 
Cistercienser-Mönchen aus Sittichenbach im Mansfeldischen besetzt 
wurde. So wurde in der Mark dieser Orden heimisch, der wie kein 
anderer geeignet erschien, mit Kreuz und Spaten das unwirtbare, rauhe 
Land friedlich zu erobern. Eine gewaltige, ernste Arbeit war es, die 
den strebsamen Brüdern bevorstand; diese unterzogen sich ihr jedoch mit 
nicht erlahmender Kraft und voll heiligen Eifers. Die Buß-- und Bet¬ 
übungen der Brüder wurden auf das bescheidenste Maß zurückgeführt, 
an ein behagliches Schlaraffenleben war überhaupt nicht zu denken. 
Die hohe Aufgabe, welche sie sich gestellt hatten, forderte ihre ganze 
Tatkraft zu jeder Stunde. Ringsumher, wo sich heute Lehnin mit 
seinen Ackerfluren und Obstgärten ausbreitet, stand damals noch ein 
dichter Llrwald von Eichen, Buchen und Föhren, durch deren dichte 
Schattendächer kaum die Sonne durchzudringen vermochte. Zn den 
Niederungen lagen feuchte Brüche, mit Erlen bestanden und von un¬ 
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