Full text: Geschichtsbilder aus der allgemeinen und vaterländischen Geschichte

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habe kein Geld als diese fünf Schillinge; aber der Herr, der immer ge- 
1278 halfen hat, wird auch jetzt sorgen!" Auf dem Marchfelde fielen die 
eisernen Würfel. Die Scharen des Feindes wurden in die Flucht ge¬ 
trieben und dieser selbst aus Rache von einem Österreicher erschlagen. 
Rudolf gab dem Sohne des Gefallenen Böhmen und Mähren als Lehen 
und verlobte ihm eine seiner sechs Töchter. Die übrigen Länder: 
Österreich, Steiermark und Krain erhielten seine Söhne Al- 
brecht und Rudolf. Diese Länder bildeten die Grundlage der 
habsburgisch-österreichischen Hausmacht. Auch den wilden Grafen 
Eberhard von Württemberg brachte er zur Ruhe, und eine große 
Zahl von Raubburgen zerstörte er in kurzer Zeit, so in Thüringen 66 
und am Rhein 70. Die sauberen Ritter vom Stegreif ließ er hängen 
oder köpfen, so in Erfurt 29 auf einmal. „Das war dem Lande gut, 
denn er schuf gutes Gericht und Friede darin, daß an manchen Orten die 
Kaufleute ihre Lastkarren und Wagen stehen ließen, wo sie übernachteten, 
und es durfte sie niemand beschädigen." Die Bauern bestellten wieder 
fröhlich ihre Felder, und kein Rosseshuf der wilden Reiter zerstampfte sie. 
3. Schlicht und gerecht war sein Wesen. Rudolf war mager 
und von hohem Wüchse, hatte eine große, gebogene Nase, eine etwas dicke 
Unterlippe und viele Stirnfurchen, sonst aber ein mild-ernstes Gesicht. 
Sein Wesen war einfach, bieder, wahr und freundlich. Er trug beständig 
ein graues, unscheinbares Wams, das er zu Zeiten selber geflickt haben 
soll. Im Kriege teilte er alle Strapazen und Entbehrungen mit den 
Soldaten und setzte sich wohl mit ihnen auf einen Acker nieder, um den 
Hunger mit ausgerauften Rüben zu stillen. Gegen Freund und Feind 
war er unbestechlich gerecht. Bei seinen Reisen durch das ganze Reich 
gestattete er jedem freien Zutritt. Wie redlich er war, das spiegelte sich 
in dem Worte des Volkes über manchen seiner Nachfolger ab: „Der hat 
Rudolfs Ehrlichkeit nicht!" Sein Hauswesen war schlicht wie das eines 
guten Bürgerhauses, seine Gemahlin Gertrud häuslicher als viele 
Bürgersfrauen. Seine 6 Töchter legten fleißig Hand an bei allerlei 
häuslichen Geschäften. Alle verheirateten sich an gekrönte Fürsten. (Das 
habsburgische Heiratsglück wurde später sprichwörtlich.) Der sparsame 
Fürst ließ aber mit großem Gepränge die Gebeine seiner ersten Gemahlin 
in Basel beisetzen. Zwölfhundert Menschen, alle mit Kerzen, bildeten 
den Leichenzug. 
1. Gottergeben war sein Ende. Auf einem Reichstage in Frank¬ 
furt konnte Rudolf die Wahl seines Sohnes Albrecht zu seinem Nach¬ 
folger nicht durchsetzen. Gekränkt reiste der alte Kaiser ab. Aus der 
Reise erkrankte er, und die Ärzte gaben ihm nur noch einige Tage 
Lebensfrist. „Auf denn nach Speier, wo viele meiner Vorfahren be¬ 
graben liegen!" rief er. Bei Germersheim starb er und ward im 
Dome zu Speier beigesetzt. Auf seinem marmornen Grabe ist seine Gestalt 
in Lebensgröße abgebildet. 
Fragen: Warum fiel die Wahl auf Rudolf? — Was hat Rudolf er¬ 
reicht? — Welches war die Stellung der Reichsfürsten? — Was ist von Rudolfs 
Gattin und seinen Töchtern zu lernen? — „Habsburgs Mauern" von Simrock. 
„Graf von Habsburg" von Schiller. „Kaiser Rudolfs Ritt zum Grabe" von Kerner.
	        
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