Full text: Vaterländisches Lesebuch für untere und mittlere Klassen höherer Lehranstalten

200 Lelmlda. IV. Bilder aus Natur imd Menschenleben. 
Auch in der Gerberei hat die Elektrochemie raschesten Fuß 
gefaßt. Bedurfte es früher oft fast eiues Jahres, um manche Felle 
oder Häute völlig durchzugerben, fo kürzt das neue Verfahren den 
Gerbprozeß schon auf wenige Tage ab. 
Die ersten Anfänge der Elektrochemie find wohl in dem galvano- 
plastifchen Verfahren zu suchen. Die Erfindung rührt von Jakobi in 
St. Petersburg her, dem es zuerst (1839) gelang, Nachbildungen dou 
Gegenständen durch Kupferniederfchläge in leitend gemachten Gips¬ 
formen herzustellen. Das Jakobische Verfahren wurde von anderen Er¬ 
findern verbessert, und auf Grund desselben allmählich ein ausgebreiteter 
Industriezweig geschaffen, in dem neben der eigentlichen Galvano¬ 
plastik auch das Verfahren von edleren Metallüberzügen auf gemeinen 
Metallen unter der Bezeichnung Galvanoftegie ausgebildet wurde. 
Sicherlich wird es der Elektrochemie vorbehalten fein, der Mensch¬ 
heit in Zukunft neue und vielleicht noch ungeahnte Wohltaten zu er¬ 
weisen, und, wenn mcf)t alles täuscht, muß diese Wissenschaft, die schon 
in ihren Anfängen fo Großes bietet, dereinst bei fortschreitender Ent¬ 
wicklung vielen gewerblichen und industriellen Zweigen ein völlig neues 
und segensreiches Feld erschließen. 
49. Tie Arbeit veredelt den Stoff. 
Nach R. W a e b e r, Schröders Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen. 
Die Arbeit des Menschen verleiht deut niedrigell, ja oft verachteten 
Stoffe eine Veredlung, die selbst demjenigen, der nie an sich den 
Segen der Arbeit kennen und schützen gelernt hat, Hochachtung vor 
ihr abnötigen muß. Unter der Hand des Menschen wird das Niedrige, 
Wertlose, Verachtete zu einer Quelle des Reichtums; es speist Hungernde, 
tränkt Dürstende, kleidet Nackende, entzückt das Auge mit prächtigen 
Formen lind Farben unb verleiht den Kranken Gesundheit, dein Geiste 
Nahrung. 
Des Menschen Hand ergreift den unscheinbaren Faden des Flachses, 
der Nessel, des Hanfes, der flockigen Bauniwolle; sie gräbt die schmutzige 
Kohle aus der Erde, bearbeitet das fast wertlose Roherz; ihre Tätig¬ 
keit erstreckt sich auf Kartoffeln, Zuckerrüben und andere geringwertige 
Gebilde der Erde. Die Arbeit sammelt die Lumpen des Bettlers, die 
lveggeworfenen Papierschnitzel, die Glas- und Tonscherben, die Holz- 
abfälle, den Straßenstaub, Abfälle tierischer Stoffe jeder Art: Haut, 
Haare, Hornteile u. a., die Überreste alter Schuhe, sogar die von: Hund 
verschmähten Knochen — nichts ist so wertlos, ja verachtet, daß es mit
	        
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