Full text: Vaterländisches Lesebuch für untere und mittlere Klassen höherer Lehranstalten

Die weltgeschichtliche Bedeutung der Eroberung Galliens. Lekunda. 27 
Weltgeschichte, die alle nicht gleich dem Stahl harten und gleich dem 
Stahl geschmeidigen Völker unerbittlich zermalmt, konnte ein solches 
Volk auf die Länge sich nicht behauptet:: billig erlitten die Kelten des 
Festlandes dasselbe Schicksal von ben Römern, das ihre Stammgenossen 
auf der irischen Insel bis in unsere Tage hinein vott den Sachsen erleiden: 
das Schicksal, als Gärungsstoff künftiger Entwicklung aufzugehen in eine - 
staatlich überlegene Nationalität. Im Begriff, vott der merkwürdigen 
Nation zu scheiden, mag es gestattet sein, noch daran zu erinnern, daß in 
den Berichten der Alten über die Kelten an der Loire unb Seine kaum 
einer der bezeichnenden Züge vermißt wird, an denen wir gewohnt sind, 
ben Iren zu erkennen. Es findet alles sich wieder, die Lässigkeit in der 
Bestellung der Felder, die Lust am Zechen und Raufen, die Prahl- 
hansigkeit — wir erinnern an jeites in den: heiligen Hain der Arverner 
nach dem Sieg voit Gergovia aufgehängte Schwert des Cäsar, das sein 
atigeblicher ehemaliger Besitzer an der geweihten Stätte lächelnd be¬ 
trachtete und das heilige Gut sorgfältig zu schotten befahl —, die Rede 
voll von Vergleichet: und Übertreibuttgeit, von Anspielurtgeit uttd ab¬ 
sonderlichen Wendungen, der drollige Humor, die innige Freude am 
Singet! und Saget! von den Taten der Vorzeit und die entschiedenste 
Redner- und Dichtergabe, die Neugier — kein Kaufmann wird durch¬ 
gelassen, bevor er auf offener Straße erzählt hat, was er an Neuigkeiten 
weiß oder nicht weiß — und die tolle Leichtgläubigkeit, die auf solche 
Nachrichten hin handelt, weshalb in den besser geordneten Kantonen 
den Wandersleuten bei strenger Strafe verboten war, uubeglaubigte 
Berichte andern als den Gemeittdebeamten mitzuteilen, die kindliche 
Frömmigkeit, die in dem Priester den Vater sieht und ihn in allen Dingen 
UN! Rat fragt, die unübertroffene Innigkeit des Nationalgefühls und das 
fast familienartige Zusammenhalten der Landsleute gegen den Freutden, 
die Geneigtheit, unter den! ersten besten Führer sich aufzulehnen und 
Banden zu bilden, daneben aber die völlige Unfähigkeit, den sicheren, 
vot! Übermut wie vvt! Kleinmut entfernten Mut sich zu bewahren, 
die rechte Zeit zum Abwarten und zum Losschlagen wahrzunehmett, 
zu irgend einer Organisation, zu irgend fester militärischer oder politischer 
Disziplin zu gelangen oder auch nur sie zu ertragen. Es ist und bleibt 
zu allen Zeiten uttd allen Orten dieselbe faule und poetische, schwach- 
mütige und innige, iteugierige, leichtgläubige, liebenswürdige, gescheite, 
aber politisch durch und durch uttbrauchbare Nation, und darum ist 
denn auch ihr Schicksal immer ut!d überall dasselbe gewesen. 
Aber daß dieses große Volk durch Cäsars transalpinische Kriege zu-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.