Was mich noch gestern wollt' erschlaffen,
Ich schäm' mich des im Morgenrot.
Die Welt mit ihrem Gram und Glücke
Will ich, ein Pilger, frohbereit
Betreten nur wie eine Brücke
Zu dir, Herr, übern Strom der Zeit.
37. Lied der vVöglein.
Ernst Schulze. Sämtl. poetische Werke. Neue Ausg. Leipzig, 1822.
3. Im grünen Dämmerscheine,
Im Labyrinth der Haine
Erbaun wir uns ein blühend Dach;
Der klare Bach,
Uns zuzuhorchen, zaudert,
Und plaudert
Dann unsre Lieder nach.
Von Zweig zu Zweig zu hüpfen,
Durch Wies und Busch zu schlüpfen,
Zu ruhn in weichen Grases Schoß,
Das ist das Los
Der kleinen bunten Sänger;
Je länger
Je lieber süßes Los!
2.
Schwebt nieder, laue Lüfte,
O kommt, ihr Wiesendüfte!
Ihr Schmetterlinge, tummelt euch,
Von Zweig zu Zweig
Mit unsrer Schar zu spielen
Im kühlen,
Im säuselnden Gesträuch!
4.
Und wenn der Tag geschieden,
Dann eilen wir zufrieden
Zurück zu unsrer Mutter Schoß.
Das ist das Los
Der kleinen bunten Sänger;
Je länger
Je lieber süßes Los!
38. Abdallah.
Adelbert von Chamisso. Poetische Werke. Neue Ausgabe.
Berlin, 1872.
1. Abdallah liegt behaglich am Quell der Wüste und ruht,
Es weiden um ihn die Kamele, die achtzig, sein ganzes Gut;
Er hat mit Kaufmannswaren Balsora gluͤcklich erreicht;
Bagdad zurückzugewinnen, wird ledig die Reise ihm leicht.
2. Da kommt zur selben Quelle zu Fuß am Wanderstab
Ein Derwisch ihm entgegen den Weg von Bagdad herab.
Sie grüßen einander, sie setzen beisammen sich zum Mahl
Und loben den Trunk der Quelle und loben Allah zumal.
3. Sie haben um ihre Reise teilnehmend einander befragt,
Was jeder verlangt zu wissen, willfährig einander gesagt;
Sie haben einander erzählet von dem und jenem Ort,
Da spricht zuletzt der Derwisch ein gar bedächtig Wort:
„Ich weiß in dieser Gegend und kenne wohl den Platz
lUnd koönnte dahin dich führen, den unermeßlichsten Schatz.
Man möchte daraus belasten mit Gold und Edelgestein
Wohl achtzig, wohl tausend Kamele, es würde zu merken nicht sein.“