Full text: [Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr)] (Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr))

im Hause Habsburg seit Maximilian und dem ersten Rudolf, dem 
Gründer, nicht mehr gesehen worden; alles war begeistert und voll 
Bewunderung, selbst die Ungarn vergaßen die blutigen Tage der Zeit 
Leopolds J. ünd Josephs J. und standen in den Vorderreihen, als es 
gali, ihren „König“ zu schützen. Willig ertrugen alle den stolzen 
habsburgischen Sinn und die ererbte Herrschsucht, die nur feiner, aber 
nicht minder stark in Maria Theresia wirkte und statt der herben, 
starren Formen ihrer Ahnherren sich in die milden und gewinnenden 
Formen persönlicher Liebenswürdigkeit zu kleiden verstand. 
Indem sie in dem Kampfe sich siegreich behauptete gegen Frank⸗ 
reich und den wittelsbachischen Kaiser und außer der Abtretung Schlesiens 
ihre Erbschaft unversehrt rettete, ging sie ihrerseits an moralischer Macht 
nur verstärkt aus dem Erbfolgekrieg hervor, zumal sie Friedrichs II. 
Plan, die Verbindung Osterreichs mit der Kaiserwürde zu zerreißen, 
glücklich vereitelt, das Haus Lothringen völlig in die Rechte der 
Habsburger eingewiesen und ihren Einfluß auf Deutschland neu be— 
festigt hatte. 
Von besonderer Bedeutung war aber ihr Walten in den Erb— 
staaten selber. Bis dahin existierte keine oͤsterreichische Monarchie, 
kein Gesamtstaat, nur ein lockerer Staatenbund, dessen Mittelpunkt in 
der Dynastie lag. Nur am Hofe und im Palaste existierte eine Ein— 
heit; in der Verwaltung so wenig wie in den bunt zusammenge— 
würfelten Bevölkerungen. Nun begann ein allmähliches Aufgeben der 
alten Regierungsgrundsätze; Reformen wurden in fast allen Ver— 
waltungszweigen vorgenommen, der Einfluß der Regierung auf Kirche 
und Schule, Polizei und Rechtspflege erweitert, die unteren Klassen 
auf Kosten der höheren gefördert, die ersten eingreifenden Schritte ge— 
than, die Last der Adelsherrschaft und der Leibeigenschaft von der 
bäuerlichen Bevölkerung abzuwälzen. Maria Theresia verfuhr hierbei 
stets bedächtig, auch wo sie anfing, das Staatliche wesentlich umzu— 
bilden. Diese frauenhafte Feinheit ihres Thuns, mit welcher die 
stetige Ausdauer eines männlichen Charakters verbunden war, hat 
nicht wenig dazu beigetragen, ihr den Erfolg zu sichern. 
Auch hier war das Vorbild Preußens entscheidend. Nicht als 
wenn man die ängstliche Sparsamkeit und Ordnung in allen Zweigen 
der Verwaltung, die knappe, fast dürftige Ausstattung des Hofes und 
der Regierung, wie sie in Preußen bestand und bestehen mußte, nach 
Ofterreich übertragen hätte; der Hof blieb verschwenderisch und die 
Verwaltuͤng sorglos, fast wie in den Tagen des alten Regiments. 
Man verließ sich auf den Reichtum unerschöpfter Hilfsquellen und that, 
als bedüͤrfe man der kleinlichen Sorgfalt nicht, die das preußische 
Regiment auszeichnete. Darum befand sich auch in jedem kritischen 
Zeitpunkt die Regierung in Geldnöten; schon nach dem Erbfolgekrieg 
war Oflerreich in einer Finanzbedrängnis, die man in Preußen nicht 
kannte, und im siebenjährigen Kriege behielt Friedrich, trotz aller un— 
geheuren Opfer, trotz der Ausplünderung und Verheerung des eigenen 
Landes, gleichwohl „den letzten Thaler“ in der Tasche. Dazu war
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.