Full text: [Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr)] (Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr))

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Auf einmal meldet eine wunderliche Musik gleichsam die Ankunft 
voriger Jahrhunderte. Es sind drei Pfeifer, deren einer eine alte 
Schalmei, der andere einen Baß, der dritte einen Pommer oder Hoboe 
bläst. Sie tragen blaue, mit Gold verbrämte Mäntel, auf den Nrmeln 
die Noten befestigt, und haben das Haupt bedeckt. So waren sie aus 
ihrem Gasthause, die Gesandten und ihre Begleitung hinterdrein, Punkt 
zehn ausgezogen, von Einheimischen und Fremden angestaunt, und so 
treten sie in den Saal. Die Gerichtsverhandlungen halten inne; 
Pfeifer und Begleitung bleiben vor den Schranken, der Abgesandte 
tritt herein und stellt sich dem Schultheißen gegenüber. Die symbolischen 
Gaben, welche auf das genaueste nach dem alten Herkommen gefordert 
wurden, bestanden gewöhnlich in solchen Waren, womit die darbrin— 
gende Stadt vorzüglich zu handeln pflegte. Der Pfeffer galt gleichfam 
für alle Waren, und so brachte auch hier der Abgesandte einen schön 
gedrechselten hölzernen Pokal, mit Pfeffer angefüllt. Über demselben 
lagen ein Paar Handschuhe, wundersam geschlitzt, mit Seide besteppt 
und bequastet, als Zeichen einer gestatteten und angenommenen Ver— 
gunstiung, dessen sich auch wohl der Kaiser selbst in gewissen Fällen 
ediente. Daneben sah man ein weißes Stäbchen, welches vormals 
bei gesetzlichen und gerichtlichen Handlungen nicht leicht fehlen durfte. 
Es waren noch einige kleine Silbermünzen hinzugefügt, und die Stadt 
Worms brachte einen alten Filzhut, den sie inmmer wieder einlöste, so 
daß derselbe viele Jahre ein Zeuge dieser Ceremonien gewesen. 
Nachdem der Gesandte seine Anrede gehalten, das Geschenk ab— 
gegeben, von dem Schultheißen die Versicherung fortdauernder Be— 
günstigung empfangen, so entfernte er sich aus dem geschlossenen Kreise; 
die Pfeifer bliesen, der Zug ging ab, wie er gekommen war, das 
Gericht verfolgte seine Geschäfte, bis der zweite und endlich der dritte 
Gesandte eingeführt wurden: denn sie kamen erst einige Zeit nachein— 
ander, teils damit das Vergnügen des Publikums länger daure, teils 
auch weil es immer dieselben altertümlichen Virtuosen waren, welche 
Nürnberg für sich und seine Mitstädte zu unterhalten und jedes Jahr 
an Ort und Stelle zu bringen übernommen hatte. 
Wir Kinder waren bei diesem Feste besoͤnders interessiert, weil 
es uns nicht wenig schmeichelte, unsern Großvater an einer so ehren— 
vollen Stelle zu sehen, und weil wir gewöhnlich noch selbigen Tag 
ihn ganz bescheiden zu besuchen pflegten, um, wenn die Großmutter 
den Pfeffer in ihre Gewürzladen geschültet hatte, einen Becher und 
Stäbchen, ein Paar Handschuh oder einen alten Räder-Albus zu er⸗ 
haschen. Man konnte sich diese symbolischen, das Allertum gleichsam 
hervorzaubernden Ceremonien nicht erklären lassen, ohne in vergangene 
Jahrhunderte wieder zurückgeführt zu werden, ohne sich nach Sitten, 
Gebräuchen und Gesinnungen unserer Altvordern zu erkundigen, die sich 
durch wieder auferstandene i und Abgeordnete, ja durch hand— 
greifliche und für uns besitzbare Gaben auf eine so wunderliche Weise 
vergegenwärtigten. 
Solchen altehrwürdigen Feierlichkeiten folgte in guter Jahreszeit
	        
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