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zu dessen Spitze, dem Backöfelefels, wir erst über ein Granitfelsenmeev
zu gelangen vermögen. Hier, an der höchsten Klippe des Fichtelgebirges,
hat man jetzt einen Unterkunftsbau aus cyklopischem Granitgemäuer er¬
richtet, um den erhitzten Wandersmann vor Zug, Sturm und Regen
zu schirmen, wenn es ihn von Bischofsgrün, Wunsiedel oder Weißen¬
stadt heraustrieb, um über einen ungeheuren Wald hinweg halb Franken
und die Oberpfalz bis weit nach Böhmen und Thüringen hinaus zu
überblicken.
Wir treten den Rückweg an und gelangen über den Nußhart
(1005 m) mit seiner Felsenhöhle, durch dichte Wälder, wo noch der
Auerhahn balzt, jäh herab ins Thal nach der freundlich gelegenen und
stattlich gebauten Stadt Wunsiedel. Hier befinden wir uns im Mittel¬
punkte des Gebirges, von wo aus am besten und lohnendsten Ausflüge
nach allen Seiten zu machen sind.
Ganz in der Nähe liegt das vielbesuchte Alexanderbad. Eisen¬
haltige Säuerlinge entquellen dem basaltischen Gesteine, und diese, sowie die
herrlichen Anlagen und vor allem die Trümmerwelt und die Hochwälder
der Luisenburg und Kösseine machen das Alexanderbad seit Jahrzehnten
zahllosen Naturfreunden zum liebgewordenen Aufenthalte.
Und in der That ist die Luisenburg oder Luxburg (802 m)
das berühmteste aller Fichtelberger Felsgebilde, das an Schönheit und
Großartigkeit alle ähnlichen Felsbildnngen des Gebirges übertrifft. Schon
die ältesten Geschichtsschreiber gedenken ihrer, und einer von ihnen be¬
richtet, daß die Felsen aussähen wie von Künstlers Hand aus dem
Gröbsten gehauen. Und der berühmteste aller deutschen Dichter schrieb:
„Unter den verschiedenen Abteilungen des Fichtelgebirges macht sich be¬
sonders merkwürdig ein hoher, langgestreckter Rücken, von alten Zeiten
her Luxburg genannt und von Reisenden häufig besucht wegen zahlloser,
alle Beschreibung und Einbildungskraft überragender, in sich zusammen¬
gestürzter und getürmter Felsmassen. Sie bilden ein Labyrinth, welches
ich vor vierzig Jahren mühsam durchkrochen, nun aber durch architekto¬
nische Gartenkunst spazierbar und im einzelnen beschaulich gefunden..
Diese Gruppen zusammen tragen gegenwärtig den Namen Luisenbnrg,
um anzudeuten, daß eine angebetete Königin, kurz vor großen Unfällen,
einige frohe und ruhige Tage hier erlebt habe. Die ungeheure Größe
der ohne Spur von Ordnung und Richtung übereinander gestürzten
Granitmassen giebt einen Anblick, dessengleichen mir auf allen Wan¬
derungen niemals wieder vorgekommen, und es ist niemand zu verargen,
der, um sich diese Erstaunen, Schrecken und Grauen erregenden chaotischen
Zustände zu erklären, Fluten und Wolkenbrüche, Sturm und Erdbeben,
Vulkane, und was sonst die Natur gewaltsam aufregen mag, zu Hilfe
ruft." So schreibt niemand anders als der große Goethe, dessen
Scharfsinn auch ganz richtig die Ursache der seltsamen Verwitterungs¬