Full text: [Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr)] (Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr))

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dazugekommen, in welchem eine Haushaltungsschule ihre segensreiche 
Thätigkeit entfaltet. 
Zu den Anstalten des Lettevereins gehört erstlich eine Gewerbe⸗ 
schule. Dort wird Schneidern, Putzmachen, Maschinennähen, Wäsche— 
Zuschneiden, gewöhnliche Handarbeit, Kuͤnst-⸗Haͤndarbeit, Frisieren, 
Änfertigung künstlicher Blumen, Plätten oder Buͤgeln, Kochen gelehrt. 
Auch giebt es Lehrgänge, welche Industrie-Lehrerinnen, nämlich 
Lehrerinnen für die meisten genannten Fächer ausbilden, und welche auf 
die staatliche Handarbeits-Prüfung vorbereiten. Alljährlich findet eine 
Ausstellung der von den Schülerinnen angefertigten Arbeiten statt. 
Da sieht man Kleider vom einfachsten Hauskleide bis zum feinsten 
Gesellschaftskleide, Hüte, Hauben und Kragen, Blumensträuße und 
Gewinde für Ballanzüge und Zimmerschmuck, die hinter der natur⸗ 
getreuen Zierlichkeit französischer Fabrikate nicht zurückstehen; dann alle 
möglichen Wäsche-Gegenstände, schlichte und mit den reichsten Spitzen 
und Stickereien verzierte, Stopfen in Leinwand, Drell, Damast, Tüll, 
Strümpfen, sichtbar und unsichtbar eingesetzte Flicken, entzückende Kunst⸗ 
Handarbeiten in den kostbarsten Stoffen, Klöppelarbeiten, ja, auch 
ockend angerichtete und wohlschmeckende Speisen, kurz, alles, was im 
Lauf des Jahres aus den fleißigen und geschickten Händen der Schüle⸗ 
rinnen hervorgegangen ist. Reiche Leute, Fürstinnen lassen nicht selten 
einen Teil ihrer Aussteuer im Letteverein anfertigen. Ausländischer 
Besuch ist sehr häufig: aus England und Amerika, aus Rußland und 
Ruͤmanien kommen Gäste, welche sich den Arbeitsbetrieb und die 
Leistungen ansehen wollen; ebenso werden in all diesen Ländern oft 
Lehrerinnen verlangt, die der Letteverein ausgebildet hat. Wer nach 
Berlin kommt, darf ihn sich jederzeit ansehen und wird viel gute und 
erhebende Eindrücke dort empfangen. 
Die Gewerbeschule ist aber nur ein Zweig dieser vielgestaltigen 
Thätigkeit. In der Handelsschule lernen die Schülerinnen Rechnen 
Uund kaufmännische Buchführung. In der Zeichenschule bilden sie sich 
zu Zeichenlehrerinnen aus oder erhalten Ünterricht im gewerblichen 
Zeichnen. Die Kochschule liefert ihre Erzeugnisse an eine unmittelbar 
damit in Verbindung stehende feine, aber billige Speiseanstalt für 
Damen, die sehr stark besucht wird. Eine Setzerinnenschule hat be— 
wiesen, daß auch im Buchdruckergewerbe die Frauenhand gut zu ver— 
wenden ist; an sie schließt sich eine kürzlich errichtete Schule für Buch⸗ 
binderei. Besonders segensreich ist die Einrichtung, daß alleinstehende 
oder auswärtige Schülerinnen im Lettehause selbst, im sogenannten 
Viktoriastift Wohnung mit voller Beköstigung finden können. Sie 
bilden eine freundliche Gemeinschaft unter einer bewährten Hausmutter, 
und es wird dort nicht nur für ihr leibliches Wohl, sondern auch 
fuͤr Unterhaltung und geistige Anregung gesorgt. Eine Darlehenskasse 
hilft solchen Frauen und Mädchen, die Geld zum Betriebe eines Ge— 
schäfts bedürfen und überläßt ihnen auch Nähmaschinen auf bequeme 
Abzahlung. 
Ein solcher Bienenstock, in welchem es den ganzen Tag und das
	        
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