Full text: [Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr)] (Teil 5 = achtes (und neuntes Schuljahr))

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Meine Herren! Ganz Deutschland, auch über die Grenzen unseres 
Bundes hinaus, harrt der Entscheidungen, die hier getroffen werden sollen. 
Möge durch unser gemeinsames Werk der Traum von Jahr⸗ 
hunderten, das Sehnen und Ringen der jüngsten Geschlechter der Er— 
füllung entgegengeführt werden. 
Im Namen aller verbündeten Regierungen, im Namen Deutsch⸗ 
lands fordere Ich Sie vertrauensvoll auf: Helfen Sie uns, die große 
nationale Arbeit rasch und sicher durchführen. 
Der Segen Gottes aber, an welchei alles gelegen ist, begleite 
und fördere das vaterländische Werk!“ 
150. Sonette. 
Emanuel Geibel. Juniuslieder. 22. Aufl. Stuttgart, 1875. 
Das Elsaß, rot im Schmuck der Purpurtraube, 
Den Blutrubin in unsres Reichs Geschmeide, 
Ausbrach der Frank' ihn mit des Schwertes Schneide, 
Daß er in seines Königs Kron' ihn schraube. 
Doch da er's that, lag unser Volk im Staube 
Blutrünstig, mit zerriss'nem Eingeweide, 
Und so ersäuft in tausendfachem Leide, 
Daß keiner fragen mochte nach dem Raube. 
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Und dennoch grollen wir mit unsern Vätern, 
Daß sie, wiewohl bis auf den Tod zerspalten, 
Verloren, was verloren blieb uns Spätern. 
Wie sollten wir nun, die wir stark uns halten, 
An unsern Enkeln werden zu Verrätern, 
Das thuend, drum wir unsre Ahnen schalten! 
Der alte Münster spricht im Glockenklange: 
Mich hieß die deutsche Kunst in bessern Tagen 
Mit meinem Gipfel in die Sterne ragen, 
Doch steh' ich längst betrübt in welschem Zwange. 
Jetzt, wo ich schaue nach der Zeiten Gange, 
Gewahr' ich, daß aufs neu' mit frechem Wagen 
Ein Fremdling sich vermißt, ein Glied zu schlagen 
Vom deutschen Leib, und lauschen muß ich bange. 
Gelingt's ihm: weh! so will im Staub ich trauern, 
Die Gluten meiner Rose sollen bleichen, 
Mit Seufzern will ich sprengen Turm und Mauern. 
Doch glückt's ihm nicht, so soll's mir sein ein Zeichen: 
Auch meine Knechtschaft wird nicht ewig dauern, 
Einst werd' ich ausgelöst mit Schwertesstreichen.
	        
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