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scheint die grause Fluchbotin des Grals, die Zauberin Kundrie, flucht
Parzival, und dieser leistet Verzicht auf die weltliche Ritterschaft der
Tafelrunde, gelobt sich dem Gral, aber ohne Kraft und ohne Zuversicht,
und reitet traurig und an Gott verzweifelnd von dannen.
Länger als vier Jahre irrt er, fern von Gott wie von der
Heimat, in sich verbissen, trotzig und verzagt, umher: es ist die Zeit
des Zweifels, und während dieser Zeit verliert ihn das Gedicht völlig
aus den Augen, um in langer, zierlicher Ausführung die Herrlichkeit
des weltlichen Rittertums zu ihrem Rechte kommen zu lassen. Der
Held der Begebenheiten ist nun auͤf längere Zeit nicht Parzival, sondern
Gawein, sein Genosse an Artus' Hofe, der nach manchen ritterlichen
Thaten als weltlicher Ritter gleichfalls, wie einst Parzival, auszieht,
um den Gral zu suchen.
Nach vier Jahren finden wir Parzival wieder, wie er am Kar—
freitag, dessen Heiligkeit er durch Waffentragen verunehrt, — denn
schon lange hat er nach Gott nicht gefragt — durch einen Ritter im
grauen Gewande zum erstenmal wieder auf das höhere Ziel seines
Lebens hingewiesen, zum erstenmal wieder an die Treue Gottes,
seiner Untreue und seinem Zweifel gegenüber gemahnt wird. Diese
Schilderung mag leicht zu dem Einfachsten, aber auch zu dem Treffend⸗
sten und Besten gehören, was nicht allein Wolframs Gedicht enthält,
sondern was jemals in dieser Weise gedichtet worden ist. Nachher
gelangt Parzival, geleitet von dem Ritter im grauen Gewande, zu
einem Einsiedler, in welchem er seinen Oheim Trevrizent findet. Dieser
belehrt ihn, daß Hochmuͤt und Zweifel niemals den Gral gewinnen
können; er selbst habe, wenn schon aus dem Königsgeschlecht des Grals
entsprossen, weil er sich selbst als unwürdig müssen, der
Würde eines Pflegers des Grals entsagt; sein Bruder Anfortas,
der König im Gral, habe auch einst das Feldgeschrei Amur vor sich
hergetragen, und der Ruf weltlicher Liebe „sei zur Demut nicht völlig
gut“; darum habe er im Streit unterliegen müssen, sei mit einem
vergifteten Speer (eben dem, der einst in der Gralburg durch den
Saal getragen worden) verwundet worden und schleppe nun ein sieches
Leben kümmerlich hin das er doch nicht enden köͤnne und dürfe; viel—
mehr schöpfe er täglich neue Kraft, zu leben und Schmerzen zu
ertragen, aus dem Anschauen des Grals, bis dereinst, wie man
aus einer Inschrift am Gral wisse, ein Ritter kommen werde, der
nach dem Leiden des Königs und nach dem Gral fragen und sich
durch diese Frage als den bezeichnen werde, dem Anfortas das
Königtum im Gral übergeben könne. Das aber sei nun eben en
e welcher seinem Oheim seine Herkunft und Geschichte bereits
erzählt hatte
Abermals tritt uns die weltliche Ritterschaft in Gaweins Helden⸗
thaten entgegen, der berufen ist, einen Zauber auf dem Schloffe
Qhateau merveil zu lösen, den der vielberufene Zauberer Klings—
ohr über die von ihm zusammengeraubten Bewohner dieses Schlofses
gelegt hat; Klingsohr, derselbe, den die spätere Sage als historische