Full text: [Teil 5, [Schülerband]] (Teil 5, [Schülerband])

Abhandlungen. 
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Insbesondere aber haben die Ströme auch das fernliegende Innere 
der Kontinente erschlossen und auch dort die Herrschaft unseres Ge¬ 
schlechts über die Natur, also menschliche Bildung, ausgebreitet. Man 
erinnere sich an Amerika oder im Gegensatze dazu an Afrika. Dem 
letzteren fehlen nicht bloß die Golfe und Buchten, die zur Ein- und 
Ausfahrt laden und den Ansiedler und den Auswanderer locken; es 
fehlen ihm auch die großartigeren, viel- und weitverzweigten Wassernetze. 
Zwar der Nil mit einem Lause von mindestens 4500 bis 6000 km 
reicht in das Herz des Weltteils zurück und würde, wenn allein die 
Stromlänge entschiede, zu den ersten Gewässern der Erde gezählt werden 
müssen; aber auf zwei, drei Zuflüsse beschränkt, zuletzt in eine 1800 lein 
lange Gebirgsenge eingeklemmt, gleicht er einem riesigen Stamme ohne 
Äste: gewissermaßen ein Symbol des gliederlosen Kontinentes selbst, dem 
er angehört. Und läßt sich nun auch nicht dasselbe vom Niger und 
Zambesi sagen, so würden doch alle drei zusammengenommen nicht aus¬ 
reichend sein, um einen Amazonas zu schassen, dessen Flußgebiet kaum den 
vierten Teil des Flächeninhalts von Afrika ausfüllt. Daher ist deun 
die Geschichte an jenen Küsten seit Jahrtausenden schweigend vorüber¬ 
gegangen, und die schwarze Bevölkerung derselben steht noch immer auf 
einer tiefen Stufe der Menschlichkeit. Die edlere, zum Teil in sagenhaftem 
Lichte glänzende Bildung aber, welche einst auch dort gedieh, heftete 
sich bekanntlich an einen schmalen Streif des Mittelmeergestades und an 
das Thal des Nils, wie wiederum die kühnen Entdecker unserer Tage 
nur dadurch in das geheimnisvolle Festland vorzudringen vermögen, daß 
sie ihre Schritte nach einem der größeren Flüsse lenken oder ihnen 
folgen. Beide Thatsachen sind beredte Zeugen; denn beide beweisen, 
daß die Entwickelung der Küsten nur durch die Entwickelung von 
Strömen ersetzt werden kann, welche der menschlichen Gesittung den 
Zutritt in das Innere großer Ländermassen erleichtern. Und um nun 
auch das Gegenbild zu zeigen, wie bevorzugt erscheint in dieser Hinsicht 
Amerika, und wie schnell ist dort jede Pflanzung europäischen Geistes 
emporgeblüht! Allerdings gilt dies zunächst mehr von dem reich¬ 
gegliederten Norden als von dem Süden Amerikas, der in der Einfach¬ 
heit, ja Einförmigkeit seiner Küsten fast an Afrika mahnt. Aber wiederum 
ist gerade er das Mutterland der Riesenströme, und wer möchte be¬ 
zweifeln, daß, wenn diese sich der Schiffahrt in ausgedehnterer Weise 
öffnen, auch der Süden in jene innige Gemeinschaft mit Europa und 
europäischer Civilisation treten werde, welche den Norden längst zu einer
	        
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