Full text: [Teil 5, [Schülerband]] (Teil 5, [Schülerband])

Lebensbilder. 
Die Tage nach dem Tag, wo du gepflanzt den Baum, 
An dem du blühen siehst der Zukunft goldnen Traum, 
Die Tage wünschest du, daß sie geflügelt seien, 
Um nur mit eiuemmal zu sehn des Baums Gedeihen. 
Doch geben kann dein Wunsch den Tagen keine Flügel; 
Die starke Hand der Zeit führt sie am festen Zügel. 
Und desto langsamer siehst du dahin sie schreiten, 
Je ungeduldiger du wünschest ihr Entgleiten. 
O wünsche nichts vorbei, und wünsche nichts zurück! 
Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. 
Die Zukunft kommt von selbst, beeile nicht die Fahrt! 
Sogleich Vergangenheit ist jede Gegenwart. 
Du aber pflanz' ein Kraut an jedem Tag nn Garten, 
So kannst du jeden Tag auch eine Blüt' erwarten. 
Vül Hans Euler. 
„Horch, Marthe, draußen pocht es; geh, laß den Mann herein! 
Es wird ein armer Pilger, der sich verirrte, sein. — 
Grüß' Gott, du schmucker Krieger, nimm Platz an uns'rem Tisch! 
Das Brot ist weiß und locker, der Trank ist hell und frisch." 
„Es ist nicht Trank, nicht Speise, wonach es not mir thut; 
Doch, so Ihr seid Hans Euler, so will ich Euer Blut! 
Wißt Ihr, vor Monden hab' ich Euch noch als Feind bedroht; 
Dort hatt' ich einen Bruder, den Bruder schlugt Ihr tot. 
Und als er rang am Boden, da schwur ich es ihm gleich, 
Daß ich ihn wolle rächen, früh oder spät, an Euch." 
„Und hab' ich ihn erschlagen, so war's im rechten Streit, 
Und kommt Ihr, ihn zu rächen, — wohlan, ich bin bereit! 
Doch nicht im Hause kämpf' ich, nicht zwischen Thür' und Wand; 
Im Angesichte dessen, wofür ich stritt und stand. 
Den Säbel, Marthe, weißt du, womit ich ihn erschlug, — 
Und sollt' ich nimmer kommen: Tirol ist groß genug!" 
Sie gehen mit einander den nahen Fels hinan; 
Sein gülden Thor hat eben der Morgen ausgethan; 
Der Haus voran, der Fremde recht rüstig hinterdrein, 
Und höher stets mit beiden der liebe Sonnenschein. 
Nun stehn sie an der Spitze; da liegt die Alpenwelt, 
Die wunderbare, große, vor ihnen aufgehellt;
	        
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