242
gestanden hättest, er wäre nicht gebunden worden," so hieb er auch
ihn mit der Axt nieder. Nach dem Tode beider aber wurden ihre
Verräther erst gewar, daß sie unächtes Gold vom Könige erhalten
hatten, und sie giengen zu ihm und sagten es ihm: „Wie billich,
soll er ihnen geantwortet haben, empfängt der solches Gold, der
seinen Herrn geflißentlich in das Verderben lockt." Sie sollten es
sich ja genug sein laßen, daß sie noch lebten, sonst möchten sie den
Verrath an ihrem Herrn noch teuer büßen müßen und eines marter¬
vollen Todes sterben. Da sie dieß hörten, strebten sie nur dahin,
sich seine Gunst zu erwerben und sagten, es sei ihnen genug, wenn
er sie nur leben ließe. Die genannten Könige waren aber Chlo-
dowichs nahe Blutsverwandte und ihr Vater war Nignomer, der bei
Mans auf Chlodowichs Befehl ermordet ward. Als sie so alle ge-
tödtet, gewann Chlodowich ihr ganzes Reich und alle ihre Schütze.
Gregor von Tours.
94. Das Ende der Ostgothen. König Tejas.
In Campanien liegt der feuerspeiende Berg Vesuv. Am Fuße
desselben sind Quellen trinkbaren Waßers, aus denen ein Fluß
entsteht, Namens Draco, der nahe bei der Stadt Nuceria vorbei¬
fließt. An den Ufern dieses Flußes lagerte Tejas sich den Feinden
gegenüber. Obwol der Draco nicht eben reichlich fließt, so ist
doch der Uebergang über ihn sehr schwer, weil sein Bett sehr
eng und tief ausgehöhlt ist, so daß die Ufer von beiden Seiten sich
jäh hinuntersenken. Den Zugang zu der Brücke hatten sic ver¬
wart durch hölzerne Türme und mit Ballisten und andern Wurf¬
geschützen besetzt, damit sie von oben herab auf die Feinde nieder¬
schießen könnten. So war kein Handgemenge möglich, weil der
Bach immer zwischen den Kämpfern war; aber sehr oft standen sie
von beiden Seiten auf den Ufern und suchten einander mit Pfeilen
zu erlegen. Auch fiel wol manchmal ein Zweikampf vor; denn
nicht selten gieng einer der Gothen über die Brücke und forderte
sich einen der Kaiserlichen heraus. So vergiengen zwei Monate,
und kampfgerüstet stunden sich während aller dieser Zeit die Heere
gegenüber. Noch hatten die Gothen die Herschaft über das Meer,
und ihre Schiffe brachten ihnen reichliche Lebensmittel dahin. Aber
der Anführer der gothischen Flotte übergab sie den Kaiserlichen, und
zugleich kam eine große Anzahl kaiserlicher Schiffe aus Sicilien und
anderen Gegenden des Reiches herangesegclt. Da stellte auch Narses
an seiner Seite des Flußes hohe Türme auf und erschreckte die
Gothen, daß sie sich nicht länger da halten zu können meinten,