Mittel-Europa. — Deutsches Reich. 189
lung oder des Bundestages zu Frankfurt am Main jeder Staat eine Stimme. Das
in 10 Armeecorps getheilte Bundesheer bestand aus 330,000 Mann. Bundesfestungen waren
die in einer geraden Linie liegenden Städte Luxemburg, Rastatt und Ulm; jenseits des
Rheins: Landau und Bermersheim, und im Hintergrunde Mainz.
Das immer dringender werdende Bedürsniß, die Einrichtung dieses Staatenbundes, dem
es dem Auslande gegenüber an einer kräftigen Centralbehörde fehlte, in einer der Würde
und Macht des deutschen Volkes entsprechenden Weise zu reformiren, führte mit der
Bewegung des Jahres 1848 zum Zusammentritt der deutschen National-Versammlung,
welche den Erzherzog Johann von Oesterreich zum Reichsverweser und am 28. März 1849
Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen, zum Erbkaiser der Deutschen erwählte. Dieser aber
erklärte, die Kaiserkrone ohne Zustimmung der deutschen Fürsten nicht annehmen zu können.
Nach der Auflösung der Nationalversammlung trat im Jahre 1850 der alte Bundestag
wieder in Frankfurt zusammen, gleich unzureichend und machtlos nach außen, wie zuvor;
als er sich unfähig erwiesen, Schleswig - Holstein gegen die Uebergriffe Dänemarks zu
seinem Rechte zu verhelfen, führten Oesterreich und Preußen ohne Mitwirkung des deutschen
Bundes den Krieg gegen dasselbe mit vereinigten Waffen; auch wurde durch den zwischen beiden
Mächten am 14. August 1865 zu Gastein abgeschlossenen Vertrag, wonach mit Wahrung des
gemeinsamen Besitzrechtes Schleswig von Preußen und Holstein von Oesterreich bis auf Weiteres
verwaltet werden sollte, dem Bunde jedes Recht der Einmischung genommen; gleichwohl be-
günsiigte Oesterreich, nach Verwerfung der preußischen Ausgleichungsanträge, die Ansprüche
des Prinzen von Augustenburg und legte schließlich, ohne den Mitbesitzer Preußen zu fragen,
die Streitfrage dem Bundestage zur Entscheidung vor. Dagegen beantragte Preußen
am 9. April 1866 bei dem deutschen Bunde die Zusammenberufung eines deutschen Parla-
ments, um die Reform Deutschlands durchzuführen, und stellte, als Oesterreich die Holstein-
schen Stände zum 11. Juni nach Itzehoe berief, am 7. und 8, Juni durch den Einmarsch
seiner Truppen in Holstein sein Besttzrecht faktisch her. Die Oesterreicher räumten Holstein,
dagegen stellte Oesterreich, welches auf die Zustimmung des größeren Theiles der Mittel-
staaten rechnen konnte, bei dem Bundestage den Antrag, die gesammte Bundesarmee gegen
Preußen mobil zu machen. Die am 14. Juni trotz des von Preußen erhobenen Protestes
durchgesetzte Abstimmung, bei welcher dieses in der Minorität blieb, wurde verhüngnißvoll
für den Bundestag, wie für die Zukunft Preußens und Oesterreichs und damit Deutschlands.
Preußen erklärte darauf hin den bisherigen Bundesvertrag für gebrochen und sich zugleich
bereit, „auf den alten, durch eine Reform modifizirten Grundlagen einen neuen Bund mit
denjenigen deutschen Regierungen zu schließen, welche ihm die Hand reichen wollten." Ver-
gebens kam Preußen seinen Nachbaren, den Regierungen von Sachsen, Hannover, Hessen-
Kassel und Nassau, unter Erlaß eines Ultimatums entgegen, worin ihnen die Integrität ihres
Besitzstandes zugesagt wurde, falls sie neutral blieben und der Berufung eines Parlamentes
zustimmten. Mit der Ablehnung dieses Anerbietens am 15. Juni wurde von Preußen,
welches inzwischen mit Italien ein Offensiv- und Defensiv-Bündniß abgeschlossen hatte, der
Krieg erklärt. Am 16. Juni begonnen, war derselbe nach in überraschender Schnelligkeit
erfolgter Besetzung Sachsens, Hessens und Hannovers und den stegreichen Kämpfen bei
Nachod, Skalitz, Soor, Münchengrätz und Gitfchin (27. bis 29. Juni) mit der Schlacht bei
Königgrätz (3. Juli) im Grunde so gut wie entschieden.
Dem Waffenstillstand und der Unterzeichnung der Friedens-Präliminarien in Nikolsburg
(26. Juli) folgte, am 23. August, der Friede von Prag zwischen Oesterreich und Preußen.
Darin verzichtete der Kaiser von Oesterreich auf die Herzogthümer Schleswig und Holstein,
erkannte die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an — am 24. August fand
die letzte Sitzung der Bundes-Verfammlung in Augsburg statt — und gab seine Zustimmung