Full text: [Abteilung 1 = Klasse 3 umd 2 (Achtes und Neuntes Schuljahr), [Schülerband]] (Abteilung 1 = Klasse 3 umd 2 (Achtes und Neuntes Schuljahr), [Schülerband])

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mählich eine Stellung erobert, in der er einen Einfluß auf 
alle Entscheidungen in den Fragen der europäischen Politik übte. 
Die Frage, wie er zu einer solchen Bedeutung gelangte, ist nicht 
obenhin zu beantworten. Am wenigsten hatte er dies seinem Um¬ 
fange oder seinem Reichtum an Hilfsquellen und Mitteln zu danken; 
denn das Erbe, welches König Friedrich Wilhelm I. seinem Nach¬ 
folger hinterließ, war zum großen Teil nur armes Sandland, und 
das ganze, von 21/i Millionen Menschen bewohnte Königreich be¬ 
deckte nur einen Flächenraum von 2200 Quadratmeilen. Umgeben 
von argwöhnischen Nachbarmächten, von Kaiser und Reich ge¬ 
flissentlich niedergehalten, mußte Preußen bei jedem Schritt vor¬ 
wärts von neuem um seine Existenz kämpfen; sein Wort und Wille 
hatten beim Auslande nur so lange Geltung, als es ihm mit 
den Waffen Nachdruck zu geben vermochte. Aber es war ein 
zäher, wetterfester Volksstamm, auf den die Hohenzollern ihre 
Schöpfung begründet hatten. Aus den niedersächsischen Ansiedlern, 
den Trümmern der alteingesessenen wendischen Bevölkerung und 
aus deutschen Einwanderern aller Lande war hier ein hartes, 
knorriges Geschlecht herangewachsen, ernst und arbeitsam, voll 
trutziger Kraft und zäher Ausdauer, das weder Mühe noch An¬ 
strengung scheute. Nachhaltiger als in anderen Ländern hatte hier 
die Persönlichkeit der Fürsten auf den Volkscharakter eingewirkt, 
denn die Hohenzollern waren nicht allein Regenten, sondern auch 
Erzieher des Volkes. Sie waren inniger als irgendein anderes 
Fürstenhaus mit ihrem Volke zusammengewachsen; sie hatten sich 
ihren Staat selbst geschaffen, mit dem sie stehen und fallen wollten. 
Von den Nachfolgern des Großen Kurfürsten bis auf Friedrich 
Wilhelm I. hatte jeder mit seinen Eigenschaften und Handlungen, 
mit seinem Walten als Landesfürst den Vorgänger gewissermaßen 
ergänzt und fortgesetzt. Der große, staatskluge und schöpferische 
Friedrich Wilhelm, der Gründer des Brandenburgisch-Preußischen 
Staates, der prachtliebende erste König Friedrich I., der pflicht¬ 
strenge rauhe Despot Friedrich Wilhelm I. — sie alle hatten in 
Land und Volk tiefe Spuren zurückgelassen und dem Staat jenes 
eigenartige, schroffe, militärische Gepräge gegeben, durch das 
er so großes Aufsehen unter den europäischen Mächten erregte. 
Und nun kam ein Fürst zur Regierung, der nicht nur die 
großen Eigenschaften seiner Vorfahren in sich vereinigte, sondern
	        
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