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und die Träume der künftigen Königsgröße. Aber so ganz arm, wie
unser kleiner Freund, war jener Hirtenknabe gewiß nicht; denn des ganzen
lieben Tages Länge hatte er nichts, als ein tüchtig Stück schwarzen Brotes,
wovon er unbegreiflicherweise seinen blühenden Körper und den noch
blühenderen Geist nährte, und ein klares, kühles Wasser, das unweit des
Roßberges vorquoll, ein Brünnlein füllte und dann flink längs der Heide
forteilte, um mit andern Schwestern vereint jenem fernen Moore zuzu¬
gehen, dessen wir oben gedachten. Zu guten Zeiten war auch ein oder
zwei Ziegenkäse in der Tasche. Aber ein Nahrungsmittel hatte er in einer
Güte und Fülle, wie es der überreichste Städter nicht ausweisen kann,
einen ganzen Ocean der heilsamsten Luft um sich und eine Farbe und
Gesundheit reifende Lichtfülle über sich. Abends, wenn er heimkam, wohin
er sehr weit hatte, kochte ihm die Mutter eine Milchsuppe oder einen
köstlichen Brei ans Hirse. Sein Kleid war ein halbgebleichtes Linnen.
Weiter hatte er noch einen breiten Filzhut, den er aber selten aufthat,
sondern meistens in seinem Schlosse an einen Holznagel hing, den er in
die Felsenritze geschlagen hatte.
Dennoch war er stets lustig und wußte sich oft nicht zu halten vor
Frohsinn. Von seinem Königssitze aus herrschte er über die Heide. Teils
durchzog er sie weit und breit, teils saß er hoch oben auf der Platte
oder Rednerbühne, und so weit das Auge gehen konnte, so weit ging
die Phantasie mit, oder sie ging noch weiter und überspann die ganze
Fernsicht mit einem Fadennetze von Gedanken und Einbildungen, und je
länger er saß, desto dichter kamen sie, so daß er oft am Ende selbst
ohnmächtig unter dem Netze steckte. Furcht der Einsamkeit kannte er nicht;
ja, wenn recht weit und breit kein menschliches Wesen zu erspähen war
und nichts als die heiße Mittagsluft längs der ganzen Heide zitterte,
dann kam erst recht das ganze Gewimmel seiner innern Gestalten daher
und bevölkerte die Heide. Nicht selten stieg er dann aus die Steinplatte
und hielt sofort eine Predigt und Rede, — unten standen die Könige
und Richter, und das Volk und die Heerführer und Kinder und Kindes-
kinder, zahlreich wie der Sand am Meere; er predigte Buße und Be¬
kehrung, —• und alle lauschten auf ihn; er beschrieb ihnen das gelobte
Land, verhieß, daß sie Heldenthaten thun würden, und wünschte zuletzt
nichts sehnlicher, als daß er auch noch ein Wunder zu wirken vermöchte.
Dann stieg er hernieder und führte sie an in die fernsten und entlegensten
Teile der Heide, wohin er wohl eine Viertelstunde zu gehen hatte, zeigte
ihnen nun das ganze Land der Väter und nahm es ein mit der Schärfe
des Schwertes. Dann wurde es unter die Stämme ausgeteilt und jedem
das Seinige zur Verteidigung angewiesen.
Oder er baute Babylon, eine furchtbare und weitläufige Stadt; er
baute sie aus den kleinen Steinen des Roßberges und verkündete den
Heuschrecken und Käfern, daß hier ein gewaltiges Reich entstehe, das
niemand überwinden kann als Cyrus, der morgen oder übermorgen kommen
werde, den gottlosen König Belsazar zu züchtigen, wie es ja Daniel längst
vorhergesagt hat.
Oder er grub den Jordan ab, das ist den Bach, der von der Quelle
floß, und leitete ihn andere Wege; oder er that das alles nicht, sondern