Grube: Singapur.
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34. Singapur.
Grube, Geographische Charakterbilder (Jagor).
Der berühmte, in so kurzer Zeit emporgekommene Handelsort liegt
auf einer kleinen Insel nahe der Südspitze von Malakka, den Schlußpunkt
der Straße von Malakka bildend, durch welche der ganze bedeutende Handel
zwischen Japan, China und Ostindien sich bewegt. Die Stadt bildet einen
Kreisabschnitt, dessen Sehne, der Strand, von Nordost nach Südwest
streicht, während der nach Nordwest gerichtete Bogen im Norden von einem
Kanal und weiterhin durch eine Reihe von Anhöhen begrenzt wird. Gegen
zwanzig dieser im Durchschnitt 30 m hohen Hügel treten unmittelbar an
den Rand der Stadt, und schon beginnen die Häuser sich an den Abhängen
in die Höhe zu ziehen. Jeder Gipfel gewährt reizende Bilder, die alle
aus denselben Elementen, nur immer anders gemischt, bestehen. Die schönste
Rundsicht hat man vom Gonvernement-Hill, jetzt Fort Canning, das mitten
in der Stadt liegt. Hart an seinem Fuß fließt der kleine Fluß, der die
Stadt in zwei Teile sondert. Die nördliche, größere Abteilung enthält die
meisten öffentlichen Gebäude, viele Wohnhäuser reicher Kaufleute und
Beamten, die Kirche und die Esplanada, einen schönen, großen RasenplaA
dicht am Meer, auf welchem die Engländer abends gern ihr nationales
Ballspiel, das Kricket, spielen, auch mehrmals in der Woche Militärmusik
ist. Im kleineren, südlichen Teile drängt sich das Geschäftsleben zusammen.
Dicht an seiner Mündung hat der Fluß ein quadratisches Stück Land an¬
geschwemmt; in diesem Biereck befinden sich alle größeren Geschäftshäuser
und Speicher der Europäer sowohl als der Asiaten. Da herrscht große
Rührigkeit; am lebhaftesten ist aber das Gewimmel auf und an dem
kleinen Flusse, an dessen Ufern eine fast ununterbrochene Reihe von Leichtern
und anderen kleinen Booten gelagert ist, welche Waren aus- und einladen,
die von stämmigen chinesischen Kulis oder durch Ochsenkarren weitergeschafft
werden. In der Mitte bewegen sich vom frühesten Morgen bis spät abends¬
dichte Züge ein- und ausfahrender Lastboote.
Die Reede ist umschlossen von dichtbewaldeten Inseln, über die sich
die Kronen zahlreicher Palmen erheben. Gewöhnlich ist das Meer so ruhig
wie ein Binnenwasser und bedeckt mit Schiffen aller Länder, zwischen
denen unzählige kleine Boote hin- und herfahren. Eine ganze Kette kleiner
Eilande und Felsen liegt im Süden der Hauptinsel und setzt im Südosten
den Umriß der Küste in einer punktierten Linie fort. Die südlichste dieser
Jnselchen, St. John, mußte früher von allen größeren Fahrzeugen umschifft
werden, bis man unmittelbar an der Südküste von Singapur selbst eine
Durchfahrt entdeckte, tief genug für die größten Schiffe. Sie bildet nun
den sogenannten Neuen Hafen, die Dampfschiffe legen dort an und nehmen
ihre Kohlen ein oder laden sie aus.