324
III. Geschichtliche Darstellungen.
in gen einen jungen, kriegsfreudigen Ritter zum Hochmeister wählte,
zogen die Kriegsgewitter mit jedem Tage schwärzer herauf. Die ver¬
einigten Polen und Littauer brachen in das östliche Ordensgebiet ein,
verwüsteten und plünderten die Grenzstädte und verübten alle Greuel
und Frevel, die man sonst von den Heiden gehört hatte. Der Hoch¬
meister hatte sein Heer an der Drewenz versammelt. Als die Kunde
von jenen Raubanfällen zu ihm kam, verlangte dieses mit Ungestüm
gegen den Feind geführt zu werden. Der Hochmeister hob das Lager
auf und zog den Feinden entgegen nach der Heide von Tannenberg.
Der Tag von Tannenberg, der 15. Juli 1410, an welchem der
Hochmeister und die Blüte des deutschen Rittertums aus der Walstatt
sanken und das Ordensheer vorzüglich durch den Abfall des Eidechsen¬
bundes eine schwere Niederlage erlitt, bezeichnet den Wendepunkt in
der Geschichte des Ordens zu schnellem Niedergänge. Die Feinde,
welche vordem sein scharfes Schwert gefürchtet hatten, breiteten sich
raubend, plündernd, mordend im Lande aus. Die Burgen ergaben
sich ohne Widerstand, und die Städte öffneten dem Polenkönige treu¬
los ihre Thore. Selbst der Heldengeist eines Hochmeisters von Plauen,
des Retters und Verteidigers der Marienburg, vermochte nur für
kurze Zeit die drohendsten Gefahren aufzuhalten und einen vorüber¬
gehenden Frieden herbeizuführen, der dem Orden zwar seinen Besitz¬
stand fast ungeschmälert zurückgab, dafür aber unerschwingliche Kriegs¬
kosten auferlegte (14111.
Jetzt offenbarten sich die dem Orden feindlichen Elemente und
seine inneren Gebrechen. Die Städte traten in offene Feindschaft zu ihm;
Danzig, Thorn, Kulm, Elbing u. a. vereinigten sich zu Marienwerder
mit den Rittern der Eidechsengesellschaft zu einem Bunde und stellten
sich unter den Schutz des Königs von Polen. In dem ausbrechenden
Kriege ließ der Orden auswärts Söldner werben, um seine Burgen
zu verteidigen. Aber gerade diese waren es, die ihm den Untergang
bereiteten. Denn als der Hochmeister bei den zerrütteten Verhält¬
nissen des Ordens sich außer stände sah, den geworbenen Söldnern
den verabredeten Kriegslohn zu zahlen, und in seiner Bedrängnis schon
die Neumark an Kurbrandenburg zuerst als Pfand, dann käuflich
überlassen hatte, griff er zu dem bedenklichen Mittel, den Hauptleuten
der Landsknechte für ihre rückständigen Soldforderungen eine Pfand¬
verschreibung auf die Marienburg und sämtliche von ihnen besetzte
Ordensburgen auszustellen. Da verkauften die Hauptleute schnöder¬
weise ihre Anrechte an den Feind des Ordens und überlieferten für
eine Geldsumme von 436000 Gulden die Marienburg und die anderen
Burgen an Polen. In die verlassene Hochmeisterburg hielt König
Kasimir von Polen seinen prunkenden Einzug. In dem ewigen Frieden
zu Thorn im Jahre 1466 mußte darauf der Orden alles Land im