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X. Gedanken und Stimmungen.
2. Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag:
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal;
nun, armes Äerz, vergiß die Qual!
Nun muß sich alles, alles wenden.
3. Frühlings sei er.
Süßer, goldner Frühlingstag!
Inniges Entzücken!
Wenn mir je ein Lied gelang,
sollt' es heut nicht glücken?
4. Lob des Frühlings.
Saatengrün, Veilchendust,
Lerchenwirbel, Amselschlag,
Sonnenregen, linde Lust!
5. Künftiger Frühling.
Wohl blühet jedem Jahre
sein Frühling mild und licht,
auch jener große, klare,
getrost! er fehlt dir nicht;
Ludwig ühland.
101. Ostern.
1. Es war daheim auf unserm Meeresdeich;
ich ließ den Blick am Horizonte gleiten,
zu mir herüber scholl verheißungsreich
mit vollem Klang das Osterglockenläuten.
2. Wie brennend Silber funkelte das Meer,
die Inseln schwammen auf dem hohen Spiegel,
die Möwen schossen blendend hin und her,
eintauchend in die Flut die weißen Flügel.
3. Im tiefen Kooge bis zum Deichesrand
war sammetgrün die Wiese aufgegangen;
der Frühling zog prophetisch über Land,
die Lerchen jauchzten, und die Knospen sprangen. —
Doch warum in dieser Zeit
an die Arbeit treten?
Frühling ist ein hohes Fest:
laßt mich ruh'n und beten!
Wenn ich solche Worte singe,
braucht es dann noch großer Dinge,
dich zu preisen, Frühlingstag?
er ist dir noch beschieden
am Ziele deiner Bahn,
du ahnest ihn hienieden,
und droben bricht er an.