Frühlingslieder. Ostern. Frohe Botschaft. 329
4. Entfesselt ist die urgewalt'ge Kraft,
die Erde quillt, die jungen Säfte tropfen,
und alles treibt, und alles webt und schafft,
des Lebens vollste Pulse hör' ich klopfen.
5. Der Flut entsteigt der frische Meeresduft;
vom Äimmel strömt die goldne Sonneufülle;
der Frühlingswind geht klingend durch die Luft
und sprengt im Flug des Schlummers letzte Äülle.
6. L) wehe fort, bis jede Knospe bricht,
daß endlich uns ein ganzer Sommer werde;
entfalte dich, du gottgebor'nes Licht,
und wanke nicht, du feste Heimaterde! —
7. Äter stand ich oft, wenn in Novembernacht
aufgor das Meer zu gischtbestäubten Hügeln,
wenn in den Lüften war der Sturm erwacht,
die Deiche peitschend mit den Geierssügeln.
8. Llnd jauchzend ließ ich an der festen Wehr¬
den Wellenschlag die grimmen Zähne reiben;
denn machtlos, zischend schoß zurück das Meer
das Land ist unser, unser soll es bleiben!
Theodor Storm.
Frohe Botschaft.
l. Nach langem, bangem Winterschweigen
willkommen, Heller Frühlingsklang!
Nun rührt der Saft sich in den Zweigen
und in der Seele der Gesang.
Es wandelt unter Blütenbäumen
die Hoffnung übers grüne Feld;
ein wundersames Zukunftsträumen
stießt wie ein Segen durch die Welt.
2. So wirf denn ab, was mit Beschwerden,
o Seele, dich gefesselt hielt!
Du sollst noch wie der Bogel werden,
der mit der Schwing' im Blauen spielt.