Full text: Gedichtsammlung aus den letzten 150 Jahren deutscher Dichtung (Teil 3, [Schülerband])

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Jahn — Jensen. 
Der trotz Verrat und Hochgericht 
Von seinem Wort kein Jota bricht. — 
Jetzt aber sagt, wo kehren wir ein? 
Ich denk', heut soll's in Sendling sein. 
Vorbei am Friedhof führt die Straß', 
Da grüßen wir unters verschneite Gras: 
„Hie lieber bayrisch sterben 
Als kaiserlich verderben!" Gedichte. S. 47ff. 
Franz Iahn. 
236. Die Pommern bei. Gravelotte. 
1. Das war ein heißer, ein blutiger Tag! 
Wohl manchem Helden das Auge brach. 
Wie reifes Korn von der Sense Wucht, 
So sinken die Reihen hinab in die Schlucht. 
Bataillone werden hinweggemäht, 
Schwadronen vernichtet, — die Schlacht, 
sie steht! 
Mit Trauern sieht es der König. 
2. Die Kugel zischt, die Granate kracht, 
Die Mitrailleuse zerschmettert mit Macht. 
Schon sind Regimenter in Splitter zerschellt, 
Und immer neue rücken ins Feld; 
Sie stürmen hinan die tödlichen Höhn; 
Sie stürmen und fallen, — die Schlacht 
bleibt stehn! 
Mit Trauern sieht es der König. 
3. Die Sonne neigt sich, noch steht die 
Schlacht! — 
Was dröhnt dort dumpf aus der Waldesnacht? 
In blauen Säulen lautlos und stumm 
Stettin, 2g. August 1870. 
Wilhelm 
Bricht's vor und schwenkt sich mächtig herum; 
Die Erde zittert! — Feind, zittre mit! — 
Es ist der wuchtige Massenschritt 
Der pommerschen Grenadiere! 
4. In breiten Kolonnen, Mann an Mann, 
Im Sturmschritt geht es die Höhen hinan. 
Es kracht keine Salve, es fällt kein Schuß: 
Bajonett und Kolben, sie machen den Schluß! 
Die Schlacht rückt vorwärts, es weicht der 
Feind; — 
Sie haben's ihm gar zu ernst gemeint, 
Die pommerschen Grenadiere! 
5. Und nun mit Hurra! hinter ihm drein, 
Und werft ihn vollends nach Metz hinein! 
Kanonen blitzen nock durch die Nacht, 
Das grause, das blutige Werk ist vollbracht: 
Die Schlacht ist gewonnen, verloren Ba¬ 
zaine! — 
Im Auge des Königs Thränen stehn: 
Gott lohn' euch, ihr tapferen Toten! 
Alldeutschland. S. 239 f. . 
Jens«». 
237. (1814. 1870.) 
1. Wie schwinden die Jahre zurücke, 
Ein halb Jahrhundert und mehr! 
Wer sprengt dort über die Brücke 
Im flatternden Haare daher? 
2. Rings starret von ehernen Spitzen 
Der Berg, es rollet die Luft; 
Aus hundert flammenden Blitzen 
Sprüht Tod, die Trompete ruft. — 
1814. 
3. Ein Knattern, ein Krachen, ein Fauchen 
In tödlicher Melodie! 
Aus wirbelndem Rauche tauchen 
Dort Türme-Notre Dame de Paris ! 
4. Wer sprengt dort über die Brücke 
Mit flatterndem Haar in den Tod? 
Wer wirft sich hinein in die Lücke, 
Und Tausende ruft sein Gebot?
	        
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